Mój autorski tekst / mein Text:
Die städtischen Zentren der Hochromantik (der mittleren Romantik) sind Heidelberg und Berlin. Die Hochromantik steht im Zeichen einer historisch-philologischen Ausrichtung. Nach dem Zerfall der Jenaer Frühromantik kam es nicht zur erneuten Zentrierung der literarischen Bewegung in einer Gruppe. In der Hochromantik besteht eine Vielzahl von Zentren, unter denen sich Heidelberg und Berlin auszeichnen. Die romantische Bewegung war unfähig zu einer dauerhaften Einheit (vgl. SCHWERING 2003: 48-50). Die Heidelberger Gruppe bestand zwischen 1805 und 1808. Ihre wichtigsten Vertreter waren Clemens Brentano und Achim von Arnim. Der Heidelberger Kreis war sehr locker und begann mit dem Briefwechsel von Brentano und Arnim, dessen Ertrag eine Sammlung alter deutscher Lieder „Des Knaben Wunderhorn“ (1805/06 und 1808) bildet. Sie hat zur Entstehung eines neuen Gattungs-Profils beigetragen: es handelt sich um die Volkspoesie, die in dem Sinne „neu“ war, dass sie nach Brentano alles Ausländische (zitiert nach SCHWERING 2003: 52) ausschließt, volksnah ist und eine nationalkulturelle Ausrichtung hat. Hinzu kommen „Die Teutschen Volksbücher“ vom Heidelberger Privatdozenten Joseph Görres, die eine nationale und pädagogische Absicht beinhalten. „Kinder- und Hausmärchen“ von Jakob und Wilhelm Grimm wurden 1812 und 1815 herausgegeben, aber seit 1806 in Heidelberg aufgezeichnet. Die Heidelberger Romantik bringt Unverständnis für die von Schlegel-Brüder vorgeschlagene Wissenschaftspoesie. Von Arnim wurde „Zeitung für Einsiedler“ (1808) herausgegeben, in der u.a. Gedichte, Kommentare, Übersetzungen, ironische Wahrsagungen, kritische Scherze veröffentlicht wurden (vgl. ebd., 52-56).
Im Umkreis der sogenannten Berliner Hochromantik (1809/10-1815) haben viele Schriftsteller ihre literarische Tätigkeit ins journalistisch-politische Engagement umgewandelt. In den Jahren 1809/10 waren Heinrich von Kleist und Adam Müller nach Berlin übergesiedelt. Die Vertreter der Berliner Hochromantik erproben Modelle einer Vermittlung von ästhetisch-literarischen und journalistisch-agitatorischen Redeformen (ebd., 61). In den „Berliner Abendblättern“ sprechen sich Müller und Arnim für konservative Opposition aus. 1811 begründen sie eine „Christlich-Deutsche Gesellschaft“. An dieser Vereinigung nehmen auch Brentano, Chamisso, Eichendorff, Fichte, Fouqué und Kleist teil. Aus Abneigung gegen das Philistertum werden Juden und Frauen ausgeschlossen. Es muss jedoch erwähnt werden, dass das Philistertum eher ein Vorwand war, um den Juden und Frauen einen Zugang zum Elitenkreis zu verweigern. Eine wichtige Persönlichkeit der Berliner Hochromantik ist E.T.A. Hoffmann, der dort ein perfektes Milieu für seine künstlerische Tätigkeit findet (vgl. ebd., 61-65).
Wichtige Zentren der Hochromantik waren auch Wien und Dresden. August Wilhelm Schlegels Tätigkeit in Wien (1808-1815) findet ihren Ausdruck in der Zeitschrift „Österreichischer Beobachter“ und in den Vorlesungen „Über die neuere Geschichte“, die sich an die sozialen und politischen Führungseliten wenden. Die 1812 gehaltenen und 1815 veröffentlichten Vorträge zur „Geschichte der alten und neuen Literatur“ waren dem Staatskanzler Metternich gewidmet. In seiner Wiener Periode gab F. Schlegel die Zeitschrift „Deutsches Museum“ (1812/13) heraus, das als eines der repräsentativsten Organe der Hochromantik gilt. In Dresden ist der Philosoph und Literaturkritiker Adam Müller tätig. Mit seinen 1806/07 publizierten „Vorlesungen über die deutsche Wissenschaft und Literatur“ bezweckte er den Ausbau einer Geistesherrschaft der deutschen Wissenschaft (ebd., 59).
Die Berliner Hochromantik wird in die Jahre 1809 - 1822 datiert. In dieser Zeit werden die Zeitschriften „Phöbus“ und „Berliner Abendblätter“ von Adam Müller und Heinrich von Kleist herausgegeben. Die wichtigsten Erträge der hochromantischen Autoren sind Erzählungen und Dramen Kleists, Arnims Romane „Armut, Reichtum, Schuld und Buße der Gräfin Dolores“ (1810) und „Die Kronenwächter“ (1817), sein Drama „Halle und Jerusalem“ (1811), seine Novellen, Gedichte und Erzählungen, Joseph von Eichendorffs Roman „Ahnung und Gegenwart“ (1815), seine Erzählung „Das Marmorbild“ (1818), Clemens Brentanos Drama „Die Gründung Prags“ (1815), seine Erzählungen „Geschichte vom braven Kasperl und schönen Annerl“ (1817) sowie „Aus der Chronika des fahrenden Schülers“ (1818). Nicht zu übersehen sind natürlich die wichtigsten Texte E.T.A. Hoffmanns, die in dieser Zeit entstehen, wie Sammlungen „Fantasiestücke“ (1814/15), „Nachstücke“ (1816/17) und „Die Serapionsbrüder“ (1819-1821), die Romane „Die Elixiere des Teufels“ (1815/16) und „Lebens-Ansichten des Katers Murr“ (1819/21) (vgl. KREMER 2007: 48-49).
Der Roman der Hochromantik hat eine starke Ausrichtung an der Entwicklungs- und Künstlerthematik angenommen. Das Ende der napoleonischen Ära, die politische Krisenerfahrung sowie die einsetzende Restauration haben die Entstehung des historischen Romans maßgeblich beeinflusst, zu dem Arnims „Die Kronenwächter“ oder „Der Zauberring“ von Friedrich de la Motte Fouqué zählen. Als Muster des romantischen Romans wird „Armut, Reichtum, Schuld und Buße der Gräfin Dolores“ von Achim von Arnim angesehen, der sich durch eine episodische Überkomplexität (ebd., 138) auszeichnet. Der Roman besitzt eine Tendenz zur Intertextualität – es besteht aus fast einhundert Einzelteilen, unter denen z.B. Predigt, Volkslied, Sentenzen, Zitatsammlung, Legende, Parabel, Satire, Groteske zu nennen sind. In den Text mischen sich historische Töne hinein, indem Arnim einen Bericht über politische Zustände seiner Gegenwart gibt oder wenn die Protagonistin ihren Ehebruch ausgerechnet am 14. Juli begeht. Der Schriftsteller kommentiert auch seine eigene Poetik allegorisch, womit er der selbstreflexiven Einrichtung des Romans Ausdruck gibt (vgl. ebd., 136-139).
Eichendorffs Entwicklungs- und Bildungsroman „Ahnung und Gegenwart“ ist zugleich ein Reise-, Zeit-, Liebes- und Reflexionsroman. Die Konstruktion des Romans durchzieht eine geschichtsphilosophische Trias aus Ursprung, Entfremdung und Heimkehr (ebd., 139). Es ist eine homogene erzählerische Form, in die nur selten Gedichte und Lieder verwoben werden. Im Roman fehlt ein für die Romantik entscheidender Moment nicht, der die Erfahrung der entfremdeten Welt als Heimat mit der Lösung des Geheimnisses über die eigene Kindheit verknüpft. Bei Eichendorff wird der Naturraum anthropomorphisiert und im Kontrast zu den Stadträumen dargestellt, die als Karneval oder Maskenball erscheinen. Die romantische Affinität zum einfachen, religiösen Leben auf dem Lande bringt der Schriftsteller zum Ausdruck, indem er eine Woge der Kritik am städtischen Leben auslöst: Im Gegensatz zur integren Schlichtheit der Landbevölkerung erscheinen die Stadtmenschen als oberflächlich, genusssüchtig und unzuverlässig. Von Moral und christlicher Religion halten sie (…) nicht eben viel. Die Stadt wird synonym mit einem Sündenbabylon (ebd., 140). Der Roman hat auch eine Zeitkritik zum Inhalt – Eichendorff drückt seine Trauer über den Verlust der nationalen Souveränität wegen der napoleonischen Okkupation aus (vgl. ebd., 139-140).
Wie bereits erwähnt, zählt Hoffmanns Werk „Die Elixiere des Teufels“ zu den bedeutendsten romantischen Romanen. Es ist zugleich der einzige romantische Schauerroman von großer Bedeutung, der auf die englische Gothic novel zurückgeht. Aus der Kombination einiger für den Schauerroman typischer Faktoren wird die Lebensgeschichte des Mönchs Medardus dargestellt. Der Roman weist einige Ähnlichkeiten mit Eichendorffs „Ahnung und Gegenwart“ auf – es geht um die Animation und Mortifikation einer Venusgestalt (ebd., 142) sowie um die Gestalt des Kreuzes, die die beiden Romane durchdringt. Die Stimmung des Grauens, der Furcht wird von Hoffmann meisterhaft aufgebaut: in der Kindheit erlebt der kleine Franz ein Initialtrauma, das sein Leben bestimmt. Dann wird er aber wie eine Marionette durch sein sexuelles Begehren getrieben: sein Lebensweg wird in einer schnellen Abfolge von rätselhaften Begegnungen, Todeskämpfen mit geheimnisvollen Doppelgängern, nächtlich-schreckhaften Übergriffen, Giftanschlägen in Klostergewölben, Vergewaltigung und Totschlag vor Kirchenaltären und inzestuöser Erotik (ebd., 145) präsentiert. Die Problematik einer zerstreuten Identität wird im ganzen Roman zum Ausdruck gebracht – die eigene Identität wird dem Protagonisten verweigert (vgl. ebd., 142-145). Das Werk Hoffmanns ist zugleich eine Variation von Schauerroman und Parodie. In den „Elixieren des Teufels“ haben wir es mit einer Selbstparodie zu tun – Belcampo ist eine Parodie von Hoffmanns Künstlergestalten, vor allem der von Johannes Kreisler (vgl. SCHWERING 2003: 234-235).
E.T.A. Hoffmanns ironischer Bildungsroman „Lebens-Ansichten des Katers Murr“, der als Parodie von Autobiographie und Entwicklungsroman konzipiert wurde, zeichnet sich (ähnlich wie viele romantische Romane) durch Fragmentarisierung aus – er besteht aus siebzehn Einzelteilen, in denen der ambitionierte Kater seine Bildungs- und Lebensgeschichte erzählt, die immer wieder durch Johannes Kreisler-Passagen unterbrochen wird. Auf diese Art und Weise wird auf das Prinzip der Linearität verzichtet. Den Roman durchziehen unterschiedliche intertextuelle Bezüge, die thematisch und motivisch als begründet erscheinen. Der Kreisler-Diskurs beinhaltet eine Künstlerbiographie, in der die Kunst als Raum verweigerten Identität (ebd., 149) bestätigt wird.
Wie bereits erwähnt, ist der Entwicklungsroman (Bildungsroman) in der deutschen Romantik die Hauptgattung des Romans. Es ist zugleich die Zeit, wenn Herder seinen Historismus entwickelt und Leopold von Ranke[1] eine Historische Schule gründet. Diese Faktoren erweisen sich als substanziell wegweisend für den historischen Roman. Der Historismus legt den Akzent auf das einzelne historische Ereignis und auf die spezifischen Charakteristika einer Epoche. Es kann jedenfalls wundernehmen, dass Bezug auf die historische Zeitgeschichte genommen wird, während für die romantische Poetik Imagination und Phantasie kennzeichnend sind. Diese Ambiguität zeigt sich in der Form des historischen Romans, der sich gegenüber dem Entwicklungsroman in ganz Europa durchsetzt. Der bedeutendste historische Roman innerhalb der deutschen Romantik sind „Die Kronenwächter“ Achim von Arnims. Das Werk enthält viele Elemente, die für die Gattung ungewöhnlich sind: der Held wird durch eine groteske Bluttransfusion diskreditiert und ironisiert. Im Roman finden wir keine erhabene Stilisierung, sondern eher eine groteske Distanzierung gegenüber dem Protagonisten. Diese diskontinuierliche Geschichte hat eine Reflexion über Legitimität und Tradition von Herrschaft (ebd., 152) zum Inhalt.
Die bedeutendsten hochromantischen Autoren von Erzählungen waren E.T.A. Hoffmann, Clemens Brentano und Joseph von Eichendorff. Hoffmanns Buchveröffentlichung „Fantasiestücke in Callots Manier“ enthält über 20 Einzeltexte, die an einer Ästhetik des Heterogenen (ebd., 172) orientiert sind und die Grenzen zwischen Mensch und Tier, Ironie und Ernst einer grotesken Inversion (ebd.) öffnen. Charakteristisch für viele Hoffmanns Erzählungen sind Hybridbildungen von Mensch und Tier („Nachricht von den neuesten Schicksalen des Hundes Berganza“, „Nachricht von einem gebildeten jungen Mann“) sowie die Verwirrung von Identität. Als prägend für sein Schaffen erweist sich ebenfalls das prekäre Verhältnis zwischen der prosaischen Alltagswirklichkeit und der phantastischen Welt der Kunst. In der Sammlung befindet sich auch das bekannteste Werk Hoffmanns – das Kunstmärchen „Der goldene Topf“. In der Anthologie „Nachtstücke“ verbindet er die schauerlich-schreckhaften Momente mit einer ästhetischen Reflexion der Nachtseiten der menschlichen Psyche (ebd., 174). Das beste Beispiel dafür ist die Erzählung „Der Sandmann“, in welcher der Akzent auf der Trübung der Wahrnehmung liegt. Außerdem wird die Problematik des Narzissmus und des entstellten Frau-Motivs angesprochen. In der Sammlung „Die Serapionsbrüder“ kreiert Hoffmann das berühmte serapiontische Prinzip – in diesem Begriff fasst er sein Kunstideal zusammen. Mit ihm meint er eine Erzählweise, die eine autonome Wirklichkeit ins Leben ruft und dabei immer wieder dafür sorgt, dass sogar kühnste Phantasien und die empirische Welt im treuen Ehebund bleiben (ebd., 172-182).
Das hochromantische Kunstmärchen wird von E.T.A. Hoffmann und von Adelbert von Chamisso repräsentiert. Chamissos Märchen vom verlorenen Schatten, „Peter Schlemihls wundersame Geschichte“ (1814), hat einen Teufelspakt zum Inhalt, der den Protagonisten zur Isolation von der Gesellschaft und mithin zur Vereinsamung führt.
Źródła / Quellen:
KREMER, Detlef (2007): Romantik. Lehrbuch Germanistik. 3., aktualisierte Auflage. Stuttgart / Weimar: Verlag J.B. Metzler.
SCHWERING, Markus (2003): Zeitgeschichte. In: Schanze, Helmut (Hrsg.): Romantik-Handbuch. 2., durchgesehene und aktualisierte Auflage. Stuttgart: Alfred Kröner Verlag.