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12.5.13

Ein Beispiel für eine Sprachfördereinheit



SPRACHFÖRDERKRAFT: Magdalena Surowiec
Bezeichnung der Förderaktivität: Rund um die Tiere herum
Datum der Durchführung: 06.02. 2012

Systematische Beschreibung 

Welches Kind steht im Mittelpunkt der Förderung? (Geschlecht, Alter, Sprachen)
männlich, 12 Jahre alt, Deutsch als Zweitsprache

Der Junge ist 2001 in Polen geboren. 2005 wanderten die Eltern nach Deutschland aus und zwei Jahre später holten sie ihren Sohn zu sich. Er konnte kein Wort auf Deutsch, als er begann, den Kindergarten zu besuchen. Schnell fing er jedoch an, die anderen zu verstehen und nach einigen Monaten konnte er Deutsch frei sprechen. Er erlernte die deutsche Sprache sehr schnell. Die Eingewöhnungszeit dauerte nicht lange, er akklimatisierte sich in Deutschland sehr gut. 

Schon muttersprachlich hatte er Probleme. Es liegt an der Sprache und nicht an emotionalen Bereichen. Er hat keine Probleme mit der Motorik oder Aussprache.

In der Grundschule hatte er von Anfang an große Schwierigkeiten mit dem Lesen und mit dem Schreiben. Schon damals wurden ziemlich große Sprachdefizite erkannt und X. wurde demnächst gezielt unterstützt. Viele Probleme haben sich verfestigt, weil der Junge in der Grundschule zu wenig Förderung bekam. In der sprachlichen Kompetenz fehlt vieles, man muss sie erweitern.



SEINE UMGEBUNG:

·         Zu Hause wird nur Polnisch gesprochen. Die Eltern sprechen Deutsch ziemlich gut, machen jedoch Grammatikfehler. Sie lernen Deutsch seit ein paar Jahren und sind an der Sprache sehr interessiert; 

·         Die Familie stammt aus einem ländlich gelegenen Dorf;

·         X. hat Kontakt vor allem zu deutschen, aber auch zu polnischen, zweisprachigen Kindern. Es gibt also eine sprachliche Begleitung auch in der Freizeit. Mit den Freunden untereinander spricht er gerne Deutsch; 

·         Die Eltern sind an seiner Entwicklung interessiert, sie sind sehr kooperativ. Sie sind nicht bildungsfern, verstehen Wert und Sinn der Sprachförderung, unterstützen ihr Kind. Sie wollen Hand in Hand arbeiten. Rücksprachen mit ihnen rufen ihre Reaktion hervor; 

·         Zu Hause gibt es Bücher, aber Gedrucktes ist immer noch eine Hürde für das Kind.

FÖRDERBEDARF:

Der Junge wuchst zuerst einsprachig auf. Nachdem die Eltern Polen verlassen hatten, wurde er von den Großeltern erzogen. Seit er in Deutschland lebt (2007), spricht er jeden Tag Deutsch und Polnisch. In der Realschule lernt er Englisch. Auf Französisch haben seine Eltern verzichtet. 

Schon in der Grundschule ist es aufgefallen, dass es unabdingbar ist, dass X. über einen längeren Zeitraum gefördert wird. Der Förderbedarf war schon damals vorhanden. Sein Sprachstand wurde eingeschätzt und die Eltern haben entschieden, dass er von einer externen Förderkraft unterstützt werden muss und dass die Förderung in der Grundschule nicht ausreichend ist. 

Ich komme aus Polen, bin ausgebildete Deutsch als Fremdsprache Lehrerin. Meine Hilfe erweist sich als unentbehrlich, weil ich X. Unterschiede zwischen Deutsch und Polnisch (z.B. in Grammatik oder in sprachlichen Konventionen) erklären kann. 

Von mir wurde ein alltagsorientiertes Konzept entwickelt. Der Junge sollte mit dem Blick auf Alltag gestärkt werden. Ein individueller Förderplan wurde erstellt und die Arbeit wird stichpunktartig dokumentiert. Eine kurze Dokumentation über die Einheiten wird festgehalten. 

Die Förderung umfasst außer dem Alltag auch den schulischen Bereich. Ich helfe dem Jungen bei Hausaufgaben in verschiedenen Fächern. 

Der erste Schritt bei der Förderung war es, das Bekannte auf alles zu übertragen und Brücken zum Bekannten zu suchen – die Worte sollten nicht abstrakt bleiben Die Themen sollten an Interessen nicht vorbeigehen, der Inhalt sollte einen Bekanntheitsgrad haben. Die Aufgaben werden oft zusammen gestaltet, damit der Junge sich angesprochen fühlt. Abstraktere Inhalte bekommt er nahe gebracht, auch über Bilder (nach Möglichkeit). 

Eine Fülle an weiteren Möglichkeiten sollte eröffnet werden, damit das Kind zum Nachfragen animiert wird, das Interesse am Schreiben entwickelt sowie seine Rechtschreib- und Grammatikkenntnisse verbessert.

EIN ALLGEMEINES BILD DES KINDES:

·         - kognitiv völlig normal entwickelt;
·         - neue soziale Situationen fallen ihm nicht schwer;
·         - er hat viele direkte Spielkameraden - sowohl deutsche, als auch polnische;
·         - er gibt gerne Hilfestellung und hält sich nicht zurück;
·         - seine thematischen Interessen entsprechen den Interessen von Kindern in seinem Alter;
·         - er zeigt Teamfähigkeit und Durchsetzungsvermögen;
·         - sein Selbstbild ist ziemlich positiv;
·        -  er hat eine große Angst davor, Fehler zu machen. Im Hinterkopf trifft er oft auf Grenzen;
·         - er kann sich konzentrieren und sich hingebungsvoll mit einer Sache beschäftigen;
·       -  sicherlich kann man feststellen, dass man bei ihm eine gelernte Hilflosigkeit beobachten kann;
·        -  der Junge braucht vielfältige Aktivitäten im Unterricht, Aufgaben verschiedener Art. Er spielt und lernt gerne, wenn er Verknüpfungen anbauen kann und etwas hat, an das er sich anlehnen kann.

Was will ich durch diese Aktivität fördern?


Verstehensfähigkeiten des Kindes

X

Beteiligung des Kindes am Gespräch

X

sprachliche Handlungsfähigkeiten des Kindes

X

Wortschatz des Kindes

X

grammatische Fähigkeiten des Kindes

X


Aussprache



Mundmotorik


vertraut werden mit der Schriftsprache („literacy“)

X

Sprachbewusstheit

X

Auf welchem Entwicklungsstand – bezogen auf sein Förderziel – befindet sich das Kind?
Der Junge hat einen soliden deutschen Basiswortschatz. Der Elementarwortschatz ist vorhanden, der Funktionswortschatz sollte noch ausgebaut werden. 

SPRACHGEBRAUCH:
·      er beteiligt sich gerne an Gesprächen, zeigt eine aktive Sprache. Er kann sich in Großgruppe frei unterhalten;
·      er hat zur Verfügung einen großen Wortschatz, aber verwendet primär die einfachsten Wörter (gehen, kommen, lesen, spielen…). Er hat mehr zur Verfügung, als er wirklich äußert;
·       X. zeigt Lust auf Reden. In seinem Sprachgebrauch ist er taktvoll, höflich;  
·      sein Verhalten in Gesprächssituationen ist kommunikativ. Seine Kommunikationsfähigkeit kann man als ausreichend für seine Altersstufe bezeichnen;
·       nicht immer kann er sich situationsangepasst ausdrücken;
·     Handlungsanweisungen kann er immer korrekt ausführen (sowohl einfache, als auch mehrschrittige);
·      er ist nicht hinterfragend, sucht keinen Sinn und keine Bedeutung;
·       X. ist nicht gewohnt, zu diskutieren oder zu hinterfragen;
·      er kann Wörter in ihrer gesamten Bedeutung nicht erfassen;
·      bei Gesprächen für seine Entwicklung ist er positiv dabei;
·      der Junge hat ein Gespür dafür, in welchen Situationen die Sprache wie gebraucht wird;
·     Nomen und Verben sind bei ihm vorhanden, aber Adjektive vor allem im passiven Sprachgebrauch. Wenn man den Jungen dazu auffordert, Dinge mit Adjektiven zu beschreiben, dann tut er es, benutzt aber meistens einfache Adjektive wie z. B. „gut“, „schlecht“, „schön“, „lustig“, „traurig“. Es gibt bei ihm keine Eigenwortschöpfungen;
·     X. hat einen umfangreichen Wortschatz zu vielfältigen Themengebieten;
·     er benutzt abstrakte Begriffe.

TEXTE UND ERZÄHLEN:
·     X. schafft es nicht, von der rein beschreibenden Ebene Vermutungen zu erstellen;
·     er zeigt kein Interesse an Schrift und stellt keine Fragen zu Geschichten oder zu Figuren. Für Geschriebenes interessiert er sich nicht, er schreibt nicht gerne;
·    auf direktes Nachfragen reagiert er immer. Die Beschreibungen, die von ihm ausgehen, sind eher grob;
·     beim Erzählen erfasst er wesentliche Zusammenhänge nicht. Er kann sie nicht benennen;
·     der Aufbau von seinen Texten ist nicht immer logisch, er erklärt die Zusammenhänge nicht deutlich oder lässt manche Ereignisse weg, sodass man eine klare Struktur nicht erkennen kann. Die Erzählungen sind inhaltlich nicht zusammenhängend;
·   X. kann nicht ausdrucksvoll und ausführlich schildern. Es fällt ihm schwer, zusammenhängende Aussagen zu gestalten;
·    bei Bildergeschichten fällt es ihm schwer, einen Zusammenhang zwischen Bildern zu erstellen. Er will sich an Gesprächen über Geschichten nicht beteiligen;  
·    er kann die vorgelesene / erzählte Geschichte nicht richtig nacherzählen, greift selten die Hauptgedanken oder die Haupthandlung auf. Er kann oft nur einzelne Ausschnitte nacherzählen. Die Struktur und die Logik des Textes kann er nur selten erschließen;  
·     sehr selten kann er einen Text in andere Worte fassen;
·     er kann große Schwierigkeiten damit, eine Argumentationskette aufzubauen.

RECHTSCHREIBUNG:
·   X. überträgt die polnische Schreibung in die deutsche. Es scheint merkwürdig zu sein, weil er auf Deutsch lernen und schreiben gelernt hat. Er liest keine Bücher auf Polnisch. Trotzdem scheint es, als ob er für die deutsche Schreibung oft polnische Rechtschreibregeln anwenden würde. Im Bereich der Rechtschreibung kommt er immer wieder auf die gleichen Stolpersteine;
·    auch beim Abschreiben von der Tafel macht er viele Rechtschreibfehler;
·     ein Wort erscheint in einem Text sehr oft in verschiedenen Varianten, z.B. „gehrn“, „gerhn“ oder „ger“.  

MORPHOLOGIE:
·     nicht alle Wendungen sind grammatikalisch richtig;
·     er hat genug Nomen zur Verfügung, aber verwechselt sehr oft die Artikel (auch bei Wörtern, die zum Alltagswortschatz gehören);  
·     Wortgrenzen kann er gut erkennen;  
·      X. beugt die Verben richtig. Die Verben erscheinen als Prädikate mit korrekten Endungen;
·      er kann Inversion anwenden – das Subjekt rückt hinter das Verb im Satz;
·      adverbiale Bestimmungen erscheinen nicht oft;
·      X. bildet Äußerungen mit Verben, auch in zusammengesetzten Zeitformen. Die Formen des Partizips Perfekt von starken Verben werden jedoch oft den schwachen Verben angepasst, z.B. „gelauft“ statt „gelaufen“. In Formen des Präteritums werden die meisten Fehler gemacht, z.B. „ich laufte“, „er gingte“, „ich trinkte“;
·    der Junge bildet vor allem einfache Sätze, Nebensätze kommen sehr selten vor. Er verbindet die Sätze durch einfaches „und“, „dann“, „oder“. Die Wortstellung im Satz ist fast immer richtig. Wenn er schon Nebensätze bildet, dann stehen die Verben an richtiger Stelle. Wenn zweiteilige Prädikate erscheinen, dann finiter Teil in Zweitstellung, nicht finiter Teil am Ende des Satzes;
·    die Mehrzahlbildung beherrscht er durchgängig richtig.

Welche Stärken kann ich nutzen?
X. ist am Thema der Fördereinheit sehr interessiert. Er beteiligt sich gerne an Gesprächen und zeigt eine aktive Sprache. Er zeigt auch Lust auf Reden, sein Verhalten in Gesprächssituationen ist kommunikativ. Der Junge hat einen umfangreichen Wortschatz zum Themengebiet „Tiere“ und die Mehrzahlbildung beherrscht er durchgängig richtig. Er kann sich konzentrieren und sich hingebungsvoll mit einer Sache beschäftigen. 

Wenn gezielte Fragen ihm gestellt werden, kann er eine logische Antwort geben. 

Er bastelt gerne und lernt besser und schneller, wenn er bastelt und wenn er mit Farben, mit Bildern arbeiten kann.

Welche konkreten sprachlichen Ziele setze ich mir für diese Förderaktivität (und weitere Förderaktivitäten, die in dieselbe Richtung gehen)?
-       Erweiterung des Wortschatzes im Bereich „Tiere
-       Verwendung von Kausalsätzen
-       Umgang mit Schriftsprache: Visualisieren der schriftlichen Aussagen durch Bilder und Landkarte
-       Wecken des Interesses an Schrift
-       Freies Sprechen: vorher aufgenommenes Wissen nutzen und wiedergeben
-       Rechtschreibung üben

Allgemeines Rahmenthema und konkretes Unterthema der Fördereinheit:
Allgemeines Rahmenthema: Rund um die Tiere herum
Konkretes Unterthema: Entwurf einer Briefmarke zum Thema „Tiere und Länder

Welche sprachlichen Aktivitäten werde ich als Sprachförderkraft bei dieser Förderaktivität ausüben?
-       viel Input im Bereich Elementarwortschatz
-       Informationen zum Verlauf der Stunde
-       Anregung zum eigenen Formulieren der Aussagen durch offene W-Fragen und gezielte Fragen
-       Verwendung von Anfangs- und Schlussritual
-       Modellieren der Sprache, korrektives Feedback
-       viel Lob

Welche sprachlichen Aktivitäten erwarte ich vom Kind?
-       Interesse am Thema
-       aktive Mitarbeit
-       freies Formulieren der Aussagen
-       Verwendung von Kausalsätzen
-       Interesse an Schrift
-       aktive Teilnahme beim Basteln
-       aktive Teilnahme am Anfangs- und Schlussritual

Wie und wann kann es während der Aktivität zu Kommunikationen der Kinder untereinander kommen?
Es ist eine individuelle Sprachfördereinheit.

Soll die Familiensprache des Kindes einbezogen werden? Wann und wie?
Nur dann, falls X. Fehler machen sollte, die aus den Ähnlichkeiten/Unterschieden zwischen Deutsch und Polnisch resultieren. Dann sollten sprachliche Strukturen verglichen werden. 

Bietet die Aktivität dem Kind einen Anlass zum Nachdenken über Sprache (Förderung der Sprachbewusstheit)?
Ja, weil die Tiere sowohl durch die Schriftsprache, als auch durch die Bilder dargestellt werden. Das Kind wird zum Formulieren von eigenen Aussagen animiert und verbindet die gesprochene Sprache mit der geschriebenen. Es merkt, dass es Unterschiede gibt. Beim Basteln einer Briefmarke sollte das Kind auch das Sprechen berücksichtigen (Was will ich eigentlich darstellen? Welche Elemente muss ich berücksichtigen?). Durch gesprochene Erklärungen sollte alles besser verdeutlicht werden. 

Voraussichtliche Dauer der Förderaktivität: 60 Minuten

Benötigte Materialien:
-       Werkzeugkästchen, die den Artikeln „der“, „die“, „das“ entsprechen
-       Papierstreifen mit Tiernamen ohne Artikel
-       Domino-Steine
-       Bilder mit Tieren
-       Landkarte Europas
-       farbiges Papier
-       weißes Papier
-       Schere
-       Klebstoff
-       Kuli
-       Buntstifte 

Sonstige Überlegungen zur Planung (z. B. Raum, Zusammenkommen der Kinder, besondere Rollen, Umgang mit den Materialien, Kooperation):
keine

Voraussichtlicher Ablauf:
Wie werde ich bei dieser Förderaktivität vorgehen?

Einstieg, kommunikative Tätigkeiten, Lieder und Spiele, Elemente sprachlicher Übungen, Abschluss:
Der Unterricht findet in meiner Wohnung statt. Der Junge kommt mit seinen Eltern. 

Begrüßungs-/Anfangsritual (5 Minuten)
Als unser Begrüßungsritual fungiert ein kurzes Gedicht unter dem Titel „Ball der Tiere“ (vom unbekannten Autor): 

Mich dünkt, wir geben einen Ball!
Sprach Frau Nachtigall.

So?
Sprach der Floh.

Was werden wir essen?
Sprachen die Wespen.

Nudeln!
Sprachen die Pudeln.

Was werden wir trinken?
Sprachen die Finken.

Bier!
Sprach der Stier.

Nein, nein!
Sprach das Schwein.

Wo werden wir tanzen?
Sprachen die Wanzen.

Im Haus!
Sprach die Maus. 

Dieses Gedicht wurde gewählt, weil es sich sehr gut dafür eignet, dass sowohl die Sprachförderkraft, als auch das Kind eine Rolle übernehmen. Ich sage jeweils eine Zeile vor und der Junge die nächste. Außerdem kann man hier toll die Intonation und die Aussprache üben. 

Danach setzen wir uns an den Tisch und beginnen die Sprachförderaktivitäten. 

Zentrale Sprachförderaktivität Teil 1 (15 Minuten)
Ich erkläre das Vorhaben für die heutige Stunde:
  1. Wir werden die deutschen Tiernamen wiederholen.
  2. Wir werden die Namen von europäischen Ländern auf Deutsch wiederholen.
  3. Wir wollen eine Briefmarke entwerfen und basteln.
In mehreren vorangegangenen Sprachförderstunden haben wir uns schon mit den Tieren beschäftigt. Den Bereich „Tiere“ habe ich in sechs Aspekte eingeteilt: Tiere im Haus, Tiere im Wald, Tiere auf dem Bauernhof, Tiere am und im Wasser, Tiere in der Luft, Tiere im Zoo. Dabei habe ich das Buch „Das Kindergarten-Wörterbuch“ (Duden) sowie „Das Wimmel-Wörterbuch: Bunte Märchenwelt“ (Duden) benutzt. Ich habe mich für diese Bücher entschieden, weil sie den Elementarwortschatz vermitteln, der den deutschen Kindern bekannt ist. X. musste viele Wörter dazu lernen. Viele Wörter befinden sich bei ihm nur im passiven Sprachgebrauch. Mithilfe von erwähnten Büchern hat er viele neue Wörter aufgenommen. 

Wir spielen Domino. Ich lege auf den Tisch vorgefertigte Dominokärtchen. Die Aufgabe des Kindes ist es, Dominos zu legen. Auf den Kärtchen stehen die Tiernamen, jedoch ohne Artikel. Ich erwarte, dass X. Dominos richtig legt, weil die Tiernamen ihm gut bekannt sind. Bei solchen Spielen hat er besonders viel Spaß, weil er sehr gerne Spiele spielt, in denen Bilder gebraucht werden. 

Nachdem Dominos gelegt worden sind, geben wir Artikel zu einzelnen Tieren an. Das macht Sinn, weil X. die Artikel sehr oft verwechselt. Dabei machen wir Vergleiche Deutsch-Polnisch (falls notwendig). Es handelt sich darum, dass ein Tier im Deutschen weiblich sein kann und im Polnischen männlich. Solche Vergleiche sind für den Jungen nützlich, weil er polnische Strukturen sehr oft ins Deutsche überträgt. 

Ich erwarte, dass X. die meisten Artikel richtig nennt. Wenn falsche Artikel fallen sollten, versuche ich, sie durch gezielte Fragen herauszulocken, z.B. „Hast du einen Hund?“, „Hast du einmal einen Tiger gesehen?“ Falls meine Hilfe erfolglos sein sollte, werden wir die Wörter mit den Artikeln noch einmal wiederholen. 

Anschließend machen wir eine Übung mit Werkzeugkästchen. Die Tiernamen ohne Artikel befinden sich auf vorgefertigten Kärtchen. Die drei Kästchen entsprechen den Artikeln „der“, „die“, „das“. X. sollte die einzelnen Kärtchen mit Tiernamen in ein entsprechendes Werkzeugkästchen ordnen. Ich erwarte, dass X. die meisten Tiernamen richtig zuordnet. Falls das nicht geschehen sollte, werde ich die Aktivität durch hinweisende Fragen modellieren. 

Auflockerung (5 Minuten)
Im Rahmen der Auflockerung wird das allgemeine Wissen über die Tierwelt wiederholt. Dabei betrachten wir die Bilder, die im Domino-Spiel benutzt wurden. Ich stelle Fragen, die sich auf die Tiere beziehen, die im Domino-Spiel erschienen sind, z.B. „Welche Tiere kann man streicheln?“, „Was brauchst du alles, wenn du einen Hund hast?“ Diese Fragen machen Sinn, weil X. einen kleinen Hund hat. So kann er den Unterrichtsstoff auf seinen Alltag beziehen. Ich stelle außerdem solche Fragen wie: „Welches Tier steckt in <Beule>?“, „Welches Tier hält Winterschlaf?“, „Welche Tiere haben Hörner, welche Hufe?“, „Weißt du, warum Menschen Schafe haben?“, „Welches Tier lebt in der Wüste?“, „Welche Tiere säugen ihre Babys?“ (Ideen aus dem „Kindergarten-Wörterbuch“ von Duden). 

Die Bilderbetrachtung hilft X. dabei, logische Antworten zu bilden. Ich erwarte, dass X. in vollständigen Sätzen die Fragen beantwortet. Wenn ich ihm unterschiedliche Fragen zum Thema stelle, kann er sich besser konzentrieren, weil er sich durch direkte Fragen immer angesprochen fühlt und immer reagiert. Er wird auf diese Art und Weise dazu aufgefordert, vollständige Sätze zu bauen. Oft stelle ich zusätzliche gezielte Fragen, damit X. auch Nebensätze bildet, z.B. „Wozu braucht man eine Leine, wenn man einen Hund hat?“, „Warum halten manche Tiere Winterschlaf?“ Solche gezielten Fragen helfen X., seine Aussagen auszubauen und fordern ihn dazu auf, auch Nebensätze zu bilden. Es müssen keine komplexeren Aussagen sein – ich versuche, X. dazu zu bringen, auf die Fragen logisch und in vollständigen Sätzen sowie sinngemäß zu antworten. 

Zentrale Sprachförderaktivität Teil 2 (10 Minuten)
Ich bereite die Bilder und die Überschriften vor. Es sind Bilder mit Tieren, die ich in Zeitungen gefunden habe. Außerdem habe ich die Überschriften mit Tiernamen vorbereitet. Die Aufgabe ist es, die Schrift mit den Bildern zu verbinden und die Tiernamen den Bildern zuzuordnen. Diese Übung fällt X. leicht, weil er die Tiernamen schon kennt. Anschließend frage ich X., bei welchen Wörtern er Schwierigkeiten mit der Rechtschreibung hätte. Nachdem er sich einige ausgesucht hat, kann er sie anmalen. Dabei benennen wir alle Buchstaben, damit X. sich die Rechtschreibung besser merken kann. Ich gehe davon aus, dass er solche Wörter wie „Pinguin“, „Schimpanse“, „Krähe“, „Fohlen“ oder „Eichhörnchen“ aussucht. Meine Vermutung wird bestätigt, weil ich weiß, auf welche Stolpersteine X. in der Rechtschreibung kommt. 

Zentrale Sprachförderaktivität Teil 3 (20 Minuten)
Jetzt kommt die Wiederholung dessen, was in den vorangegangenen Sprachförderstunden geübt wurde, also der Namen von den europäischen Ländern. Wir haben sie zusammen geübt, weil sie im Erdkundeunterricht eingeführt wurden. So habe ich auf den Unterrichtsstoff reagiert und X. geholfen, ihn nachzuarbeiten und zu üben. 

Ich beginne mit einer bunten Landkarte Europas. Wir benennen zusammen die Länder Europas und zeigen auf sie. Ich erwarte, dass X. die wichtigsten Länder richtig zeigt. Falls dies nicht der Fall sein sollte, helfe ich ihm durch gezielte Fragen: „Wie heißt das Land, das im Westen Deutschlands liegt?“, „Wie heißt das größte Nachbarland von Polen?“, „Wo warst du im letzten Jahr in den Sommerferien?“. 

Nachdem die Namen von Ländern wiederholt worden sind, lege ich auf den Tisch einige farbige Blätter. Die Bilder von Tieren, die in der zweiten Aktivität gebraucht wurden, sind immer noch da. Wir brauchen noch Buntstifte, einen Kuli, einen Klebstoff und eine Schere. Ich schlage X. vor, dass wir Briefmarken zusammen entwerfen. Ich erwarte, dass er von dieser Aktivität begeistert ist, weil er gerne bastelt. Ich erkläre die Übung: es geht darum, sich ein Land und ein Tier auszusuchen und dann eine Briefmarke zu entwerfen. Auf der Briefmarke sollte natürlich der Name des Landes und möglicherweise des Tieres stehen (der Preis der Briefmarke auch). Der Hintergrund kann auch bemalt werden. 

Anschließend sucht sich X. ein farbiges Blatt aus. Dann entscheidet er sich für ein Land und für ein Tier, die er für seine Briefmarke benutzt. Das Basteln einer Briefmarke dauert etwa 10 Minuten. X. muss darauf aufpassen, keinen Fehler in der Rechtschreibung zu machen.
Die fertige Briefmarke nimmt er nach Hause mit. 

Schlussritual (5 Minuten)
Als unser Schlussritual fungiert ein Ausblick auf die nächste Sprachfördereinheit. Ich frage X., was wir in der nächsten Stunde lernen werden. Er muss keine Einzelheiten angeben, es können allgemeine Themenbereiche sein. Falls er richtig rät, bekommt er von mir ein Smiley. Manchmal gibt er seine Ideen an.
Anschließend verabschiede ich mich von dem Jungen und von seinen Eltern.

Ausblick auf mögliche sich anschließende Förderaktivitäten:
-       weitere Übungen in Bezug auf die Tierwelt, mit Berücksichtigung von Texten im NaWi-Lehrbuch;
-       das Lesen von ausgewählten Märchen der Brüder Grimm, die im Deutschunterricht ausgerechnet behandelt werden und Übungen dazu;
-       das Verfassen des eigenen Märchens mithilfe von Stichworten (Schwerpunkt auf Grammatik und Rechtschreibung). 

Anmerkung zum Schluss:
In Folge dieser gehaltenen Sprachförderstunde hat X. die Tiernamen und die Namen der europäischen Länder wiederholt. Die nächste Förderstunde wurde fast komplett damit ausgefüllt, einen Text über die Waldtiere im Lehrbuch für Naturwissenschaften zu lesen (Unterrichtsstoff). Unterschiedliche Übungen wurden gemacht (z.B. den Text in eigenen Worten nacherzählen, Silben klatschen, Artikel üben, eine Geschichte über Tiere erzählen). 



Sprachfördereinheit in Bildern


Bild 1: Domino (Zentrale Sprachförderaktivität Teil 1)
 

Bild 2: Domino (Zentrale Sprachförderaktivität Teil 1)


Bild 3: Werkzeugkästchen mit Tiernamen auf Papierstreifen (Zentrale Sprachförderaktivität Teil 1)


Bild 4: Landkarte Europas (Zentrale Sprachförderaktivität Teil 3) 


Bild 5: Bilder mit Tieren (Zentrale Sprachförderaktivität Teil 2 und Teil 3) 



Bild 6: farbiges Papier, weißes Papier, Schere und Klebstoff (Zentrale Sprachförderaktivität Teil 3)


Bild 7: Smileys (Schlussritual)



Bild 8: Ideenquellen: „Das Wimmel-Wörterbuch Bunte Märchenwelt“ und „Das Kindergarten-Wörterbuch“ von DUDEN