Das Ziel des vorliegenden Beitrags ist es, die Präsenz
von Phraseologismen in den Horoskopen darzustellen und ihre Rolle zu
besprechen. Die linguistische Seite von Horoskopen gehört zu meinen
wissenschaftlichen Interessen. Seit drei Jahren analysiere ich Horoskope und
habe festgestellt, dass sie sich durch eine hohe Frequenz von Phraseologismen
auszeichnen.
An
dieser Stelle wirft sich die Frage auf, was unter dem Begriff „Horoskop“ verstanden wird. Was erwarten die
LeserInnen von einem Horoskop? Im DUDEN[1]
wird es als Voraussage über kommende
Ereignisse aufgrund von Sternkonstellationen definiert. Horoskope haben
einen informativ-unterhaltenden Charakter und ihre sprachlich-stilistischen
Mittel hängen vom Zeitschriftentyp ab[2].
Der
Analyse liegen die Horoskoptexte vor, die regelmäßig in der Frauenzeitschrift „7 Tage“ erscheinen und sich auf einen
einwöchentlichen Zeitraum beziehen. Das zu untersuchende Korpus besteht aus
Horoskopen in 24 Heften von 41/2008 bis 12/2009. Diese Zeitschrift wurde
gewählt, weil sie eine der populärsten Frauenzeitschriften auf dem deutschen
Pressemarkt ist und sich an eine breite Leserinnenschicht wendet. Die zu
lesenden Horoskope sind kurz, haben eine leserfreundliche Form, beziehen sich
sowohl auf das private, als auch auf das berufliche Leben, so dass jede Leserin
angesprochen wird. In einer kurzen Form sind zahlreiche Ratschläge und Hinweise
enthalten – wir haben es mit einem Verhaltensangebot zu tun, welches keine
komplizierten Lösungen vorschlägt.
Die
Frequenz von Phraseologismen ist auffällig - verbale, substantivische, adjektivische und
adverbiale Phraseologismen treten in jedem Horoskop auf. Meine Aufmerksamkeit
widme ich verbalen Phraseologismen, weil sie am häufigsten vorkommen. Die
somatischen Phraseologismen bilden die umfangreichste Gruppe: aus dem Bauch heraus entscheiden, etw. aus
den Augen verlieren, etw. übers Knie brechen, auf offene Ohren stoβen, für etw.
ein gutes Händchen haben, etw. vor Augen behalten, sich die Zähne ausbeißen.
Wie erwartbar, beschreiben sie unterschiedliche Situationen. Um eine thematische Klassifizierung von
Phraseologismen tentativ, kontext- und situationsgebunden darzustellen, wurden
einige Gruppen unterschieden: eine positive Entwicklung (die Oberhand gewinnen, jdn. in die richtige Richtung schieben, jdn. auf
den richtigen Kurs bringen, ins Lot kommen), Glück/Erfolg (auf Wolke 7 schweben, auf der Sonnenseite
sein, etw. in vollen Zügen genieβen, Bäume ausreiβen können), Warnung (etw. aus den Augen verlieren, sich in
Grenzen halten, sich auf seinen Lorbeeren ausruhen, jdm. Steine in den Weg
legen), eine realistische Beurteilung einer Situation (auf dem Boden der Tatsachen bleiben, auf dem Teppich bleiben, etw. vor
Augen behalten). Die Expressivität der Phraseologismen und ihre
Bildlichkeit kommen in Mini-Szenarien zum Ausdruck, die zusätzlich um
zahlreiche Metaphern, Kollokationen und bestimmte, überaus häufig auftretende
lexikalische Einheiten (z.B. Erfolg,
Liebe, Partner, Beziehung, Harmonie, Entspannung, Gefühle) ergänzt werden.
Abgesehen
von teil- oder vollidiomatisierten Phraseologismen, die die Kriterien der
Polylexikalität, Festigkeit und Idiomatizität[3]
weitgehend erfüllen, unterscheiden die
Linguisten ebenfalls Phraseologismen im weiteren Sinne (die sog. topischen
Formeln), d.h. Sprichwörter, Antisprichwörter, Sagwörter, Lehnsprichwörter,
geflügelte Worte, Gemeinplätze sowie spezielle Klassen von Phraseologismen,
ergo Modellbildungen, Zwillingsformen, Kinegramme[4].
Um die volle Charakteristik von Horoskopen zu erfassen, sollte man die
erwähnten Klassen von Phraseologismen einbeziehen. Kennzeichnend für die
Horoskope sind Sprichwörter (z.B. in der
Ruhe liegt die Kraft, auf mehreren Hochzeiten gleichzeitig kann man nicht
tanzen, jeder ist seines Glückes Schmied, der Schein trügt, es ist nicht alles
Gold, was glänzt), Modellbildungen (Glas
um Glas, von Tag zu Tag) und Zwillingsformeln (klipp und klar, fix und fertig).
Zusammenfassend
darf man wohl sagen, dass die Horoskope ein geeignetes Untersuchungsmaterial
für die an Phraseologismen interessierten Sprachwissenschaftler bilden, zumal
sie Phraseologismen textsortenspezifisch, adressaten- und situationsangemessen vermitteln.
Expressivität, Bildlichkeit, Offenheit,
Wortspiele und eine leserfreundliche Form sind wesentliche Merkmale von diesen
kohärenten Texten, die sich auch im Deutschunterricht als äußerst nützlich
erweisen können.
[1] Kunkel-Razum, Kathrin / Scholze-Stubenrecht, Werner [u.a.] (Hrsg.)
(2007): Duden. Deutsches
Universalwörterbuch. 6., überarbeitete und erweiterte Auflage. Mannheim
[u.a.]: Dudenverlag, 850.
[2] vgl. Köster, Lutz: Phraseologismen in populären Kleintexten und ihr
Einsatz im DaF-Unterricht. In: Lorenz-Bourjot, Martine / Lüger, Heinz-Helmut
(Hrsg.) (2001): Phraseologie und
Phraseodidaktik. Wien: Ed Praesens, 137.
[3]
vgl. Burger, H. (2007): Phraseologie.
Eine Einführung am Beispiel des Deutschen. Berlin: Schmidt, 15-32.
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