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16.9.12

Deutschland. Ein Wintermärchen: Caput XIV

Der Dichter reist mit der Chaise weiter: er erinnert sich an ein altes Lied, das seine Amme gesungen hat. Es war ein Lied von einer Königstochter, die als Gänsemagd arbeiten und auf der Heide einsam die Gänse hüten musste (der Stoff der Gebrüder Grimm – „Die Gänsemagd"). Auf die Ähnlichkeiten mit dem Volksmärchen weist die Motivik hin:

Denn angenagelt über dem Tor
Sah sie ein Roßhaupt ragen,
Das war der Kopf des armen Pferds,
Das sie in die Fremde getragen.

Die Königstochter seufzte tief:
»O Falada, daß du hangest!«
Der Pferdekopf herunterrief:
»O wehe! daß du gangest!«

Die Königstochter seufzte tief:
»Wenn das meine Mutter wüßte!«
Der Pferdekopf herunterrief:
»Ihr Herze brechen müßte!«


Der Dichter denkt an seine „Mädchenmörderballade“, in der ein Mörder zum Tode verurteilt und im Wald gehenkt wurde. In seinem Gedankengang assoziiert Heine die beiden Werke miteinander. Seine Amme, eine ältere Frau, kannte viele Gedichte und Lieder, Volkslieder. Wenn er an die „Mädchenmörderballade“ denkt, kommt ihm seine Amme in den Sinn. Er schaut rückblickend an die Kinderlieder, die er in seinem Kopf immer noch präsent hat.

Die Amme erwähnte auch den Kaiser Friedrich Barbarossa (1152 bestieg er den Thron, 1156 wurde er zum Kaiser gekrönt, 1190 kam er im letzten Kreuzzug ums Leben). Der Sage nach schläft er im Kyffhäuser, wo eine Höhle sich befindet. Kyffhäuser ist ein Bergrücken in Thüringen.

Dort würde es vier Säle geben. Im ersten Saal seien Pferde („viel tausend“), die jedoch wie tot aussehen:

Kein einziges wiehert, kein einziges stampft,
Sind still, wie aus Eisen gegossen.


Im zweiten Saal seien Soldaten, „gerüstet von Kopf bis Fuß“. Sie scheinen auf den Krieg, auf den Kampf ausgerichtet zu sein. Es ist nur ein Schein, denn sie sind bewegungslos, leblos.

Im dritten Saal ist die Ausstattung, das Kriegswerkzeug: „Schwerter, Streitäxte, Speere, / Harnische, Helme, von Silber und Stahl, / Altfränkische Feuergewehre.“ Es gibt auch eine Fahne („schwarzrotgülden“).

Der Kaiser bewohnt den vierten Saal. „Schon seit Jahrhunderten“ sitzt er auf seinem Thron. Er ist wie versteinert, aber macht manchmal eine kleine Bewegung. Er schläft oder denkt nach, er braucht nicht aufzuwachen, weil seine Zeit noch nicht gekommen ist. Der Dichter sagt aber voraus, dass eine Stunde kommt, in der er nach der Fahne greifen und seinen Soldaten wieder befehlen wird. Dann wird auch das Volk erwachen und sich als bereit für den Kampf erklären. Die Soldaten würden immer noch gut kämpfen und der Kaiser würde die Feinde seines Vaterlandes bestrafen. Niemand wird seiner Wut entkommen. Die Mörder, die in seiner Heimat Unheil anrichten, werden bestraft werden:

Die Mörder, die gemeuchelt einst
Die teure, wundersame,
Goldlockichte Jungfrau Germania –
»Sonne, du klagende Flamme!«

Wohl mancher, der sich geborgen geglaubt
Und lachend auf seinem Schloß saß,
Er wird nicht entgehen dem rächenden Strang,
Dem Zorne Barbarossas! – – –


Die ungerechten, moralisch schlechten Menschen wären nicht geborgen. Die Wut, die Rache würde sie erreichen.

Im ganzen Abschnitt wiederholt sich der Vers „Sonne, du klagende Flamme!“ Die Sonne ist ein Symbol der Freiheit, der Gerechtigkeit, der Zeit, in der die Ungerechtigkeit bestraft wird und in der die Unabhängigkeit sich durchsetzen wird. Die Sonne wird als eine „klagende Flamme“ beschrieben – es scheint, als ob sie die Verhältnisse in Deutschland beobachten und über sie jammern würde. Die „Flamme“ leuchtet gelbrot, sie ist ein Teil des Feuers, das brennen sollte – sie symbolisiert den Impuls, den Ansporn zum Kampf. Die Sonne brennt so wie das Feuer.

1 komentarz:

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