Leutnant Gustl ist 23 oder 24 Jahre alt. Er ist Leutnant der kaiserlichen Armee in Wien (österreichischer Soldat). Seine Ausbildung wurde früh abgebrochen. Er ist beschränkt, hat antisemitische Vorurteile: er meint, alle Juden müssen in einer Bank arbeiten und einen schwarzen Schnurrbart haben, man könne sie an der Nase erkennen. Er verachtet die Menschen aus anderen Gesellschaftsschichten. Er will dem Ehrenkodex folgen, aber sein Ehrgefühl sind nur leere Worte. Er wird schnell wütend und böse, ist unentschlossen, oberflächlich, feige. Als er vom Tode des Bäckermeisters erfährt, vergisst er seinen Vorsatz sofort. Sein Ehrbegriff ist hohl und ungerecht. Er hat egoistisches, schwaches Selbstbewusstsein. Er hat keine richtige Freundin, trifft sich mit einer ab und zu, aber will nicht zugeben, dass er Steffi liebt.
Gustl langweilt sich in der Oper, beobachtet die Menschen. Er hat das Ticket von seinem Bekannten bekommen – es war im guten Ton, Kulturveranstaltungen zu besuchen. Um die Jahrhundertwende war in Wien viel los. Die Vorführung macht keinen Spaß, aber man gewinnt dadurch Anerkennung. Es kommt dann zu einem Streit, Gustl wird als „dummer Bub“ bezeichnet. Das war eine Beleidigung. Ein Mann von Niveau, von Ehre muss sich verteidigen. Als Soldat unterliegt er dem Ehrenkodex. Man verlangt von ihm, dass er sich auf eine bestimmte Art und Weise verhält, um das Gesicht zu bewahren – gemeint ist das Duell, aber er durfte sich nicht duellieren, weil der Bäcker aus der Zivilbevölkerung war.
Gustl ist ein schlichter und einfacher Mensch. Er zieht nur die einfachsten Lösungen in Erwägung: ins Ausland zu fliehen oder Selbstmord zu begehen. Dann verhält er sich so, als ob nichts passiert wäre. Er entwickelt sich nicht, er lernt nichts dazu, bleibt so, wie er war – ein Mann ohne feste Prinzipien, ohne Lebensziel. Gustl ist nicht so ehrenhaft, wie es scheint. Sein Ehrbegriff ist veräußerlicht. Im Laufe der Gedankenvorgänge enthüllt sich die Sinnlosigkeit seines Lebens.
Die Form der Geschichte bezeichnet man als inneren Monolog. Schnitzler führte sie in die Literatur ein. Er beschäftigte sich mit der Psychoanalyse, mit allem, was im Inneren des Menschen vor sich geht. Er war von Ergebnissen der Arbeit von S. Freud begeistert: psychische Krankheiten haben die Ursache in der verdrängten Sexualsphäre, eines Tages kommt es zum Ausbruch.
Durch den inneren Monolog gewinnen wir Einblicke in das seelische Leben des Protagonisten. Der innere Monolog ist dafür prädestiniert, den besten Einblick in die Psyche zu gewähren. Es ist eine Wiedergabe von Augenblicksregungen, von Gedanken. Keine Kommentare des Autors, keine Beschreibungen, nur das, was der Held denkt, direkter Einblick in die Psyche. Wir wissen, was sich im Kopf des Protagonisten abspielt. Schnitzler war ein großer Diagnostiker der menschlichen Seele. In „Leutnant Gustl“ bedient er sich des Bewusstseinsstroms – es ist eine Erzähltechnik, die direkt geistige und psychologische Vorgänge wiedergibt, welche im Bewusstsein und Unterbewusstsein einer literarischen Gestalt ablaufen. Diese Technik wurde an die Anlehnung an die Erkenntnisse der Psychoanalyse entwickelt. Der Gegensatz zum inneren Monolog ist die erlebte Rede.
Eine Internetseite für alle, die an der Germanistik und an der deutschen Sprache interessiert sind.
28.1.12
Hugo von Hofmannsthal (1874-1929) – Terzinen über Vergänglichkeit
Terzinen über Vergänglichkeit:
Noch spür ich ihren Atem auf den Wangen:
Wie kann das sein, daß diese nahen Tage
Fort sind, für immer fort, und ganz vergangen?
Dies ist ein Ding, das keiner voll aussinnt,
Und viel zu grauenvoll, als daß man klage:
Daß alles gleitet und vorüberrinnt.
Und daß mein eignes Ich, durch nichts gehemmt,
Herüberglitt aus einem kleinen Kind
Mir wie ein Hund unheimlich stumm und fremd.
Dann: daß ich auch vor hundert Jahren war
Und meine Ahnen, die im Totenhemd,
Mit mir verwandt sind wie mein eignes Haar,
So eins mit mir als wie mein eignes Haar.
Stimmungen, die im Gedicht herrschen: Melancholie, Nostalgie, Empfindung der Lebensmüdigkeit, Fin de siècle, Endzeitbewusstsein, Unbehagen an der Wirklichkeit, Gefühl des Verfalls, der Gedanke, dass man im geschichtlichen Zusammenhang steht.
Das lyrische Ich kann noch die Tage spüren, die vergangen sind. Es drückt seine Verwunderung aus, dass die Zeit so schnell vergeht. Das Gefüllt der Vergänglichkeit überfällt es und es ist ein grauenvoller Gedanke. Es erinnert sich an die Kindheit, aber kann keine Verbindung zwischen Ich in der Kindheit und Ich von heute (etwas Fremdes) finden. Das lyrische Ich ist sich dessen bewusst, dass es im geschichtlichen Zusammenhang steht, dass es ein Teil der Geschichte, ein Glied in der Kette, ein Glied der sich wechselnden Generationen ist. Es gab Menschen vor ihm (die Ahnen), es wird auch Menschen nach ihm geben. Diese Verbindung ist sehr nah.
Im Gedicht erscheinen symbolische Elemente. Hofmannsthal stand unter dem Einfluss französischer Symbolisten. Der Tod ist keine schreckliche Tatsache. Man muss ihn akzeptieren, weil er ein Teil der Natur ist, weil er zum natürlichen Zyklus gehört.
Noch spür ich ihren Atem auf den Wangen:
Wie kann das sein, daß diese nahen Tage
Fort sind, für immer fort, und ganz vergangen?
Dies ist ein Ding, das keiner voll aussinnt,
Und viel zu grauenvoll, als daß man klage:
Daß alles gleitet und vorüberrinnt.
Und daß mein eignes Ich, durch nichts gehemmt,
Herüberglitt aus einem kleinen Kind
Mir wie ein Hund unheimlich stumm und fremd.
Dann: daß ich auch vor hundert Jahren war
Und meine Ahnen, die im Totenhemd,
Mit mir verwandt sind wie mein eignes Haar,
So eins mit mir als wie mein eignes Haar.
Stimmungen, die im Gedicht herrschen: Melancholie, Nostalgie, Empfindung der Lebensmüdigkeit, Fin de siècle, Endzeitbewusstsein, Unbehagen an der Wirklichkeit, Gefühl des Verfalls, der Gedanke, dass man im geschichtlichen Zusammenhang steht.
Das lyrische Ich kann noch die Tage spüren, die vergangen sind. Es drückt seine Verwunderung aus, dass die Zeit so schnell vergeht. Das Gefüllt der Vergänglichkeit überfällt es und es ist ein grauenvoller Gedanke. Es erinnert sich an die Kindheit, aber kann keine Verbindung zwischen Ich in der Kindheit und Ich von heute (etwas Fremdes) finden. Das lyrische Ich ist sich dessen bewusst, dass es im geschichtlichen Zusammenhang steht, dass es ein Teil der Geschichte, ein Glied in der Kette, ein Glied der sich wechselnden Generationen ist. Es gab Menschen vor ihm (die Ahnen), es wird auch Menschen nach ihm geben. Diese Verbindung ist sehr nah.
Im Gedicht erscheinen symbolische Elemente. Hofmannsthal stand unter dem Einfluss französischer Symbolisten. Der Tod ist keine schreckliche Tatsache. Man muss ihn akzeptieren, weil er ein Teil der Natur ist, weil er zum natürlichen Zyklus gehört.
22.1.12
16.1.12
14.1.12
Wer ist Schnitzlers Anatol?
Anatol ist ein sehr junger Mann. Er ist sich dessen bewusst, dass er ein attraktiver Mensch ist. Die Frauen sind für ihn so lange anziehend, reizvoll, interessant, bis er sie besessen hat. Dann verlieren sie den Wert. Der Kampf um die Partnerin ist für Anatol wichtiger, nachher ist sie für ihn nur ein Stück Fleisch. Die Frau gewinnt an Wert, weil sie mit ihm geschlafen hat, weil sie in seinen Armen gelegen hat. Anatol hält sich für eine Art Gott. Er ist Egoist, eitel, eingebildet. Er engagiert sich innerlich nicht. Eine Frau ist ihm wichtig nur für eine kurze Zeit. Abenteuer, Spiele – sie zählen für ihn. Anatol bewirbt sich um eine Frau, dann verliert sie an Attraktivität. Die Frauen verlieben sich, er aber nicht. Er verspricht keine ewige Treue, keine Liebe. Er nimmt Beziehungen nicht ernst. Anatol scheint nicht fähig zu sein, richtig zu lieben. Vielleicht hat er nie wirklich geliebt und weiß nicht, was wahre Liebe ist.
Schnitzlers Protagonist lebt seine Triebe aus, ohne Rücksicht auf die Moral, auf Regeln, auf Gesetze zu nehmen. Er erkennt an, dass eine Frau auch Schluss machen kann. Es ist jedoch ein Riss an seinem Stolz, eine Ohrfeige. Jede Beziehung endet gleich – er verlässt oder wird von einer Frau verlassen.
Er hat kein Ziel, lebt vor sich hin, kümmert sich nur um den heutigen Tag, will nur Spaß haben. Er ist unentschlossen, mit dem Leben unzufrieden. Seine Welt ist die Welt der ästhetischen Stimmungen. Mal ist er fröhlich, mal nachdenklich. Er genießt das Leben, umgeht die offiziell geltende Moral. Er verführt auch verheiratete Frauen.
Anatol ist angeblich reich, um bequem, genussvoll leben zu können, ohne zu arbeiten. Er führt ein unbekümmertes, fröhliches Leben. Er hat keinen Beruf, hat eine allgemeine Ausbildung. Er musste keinen Beruf erlernen, weil er wahrscheinlich aus adeligen Kreisen oder aus einer wohlhabenden Familie stammt. Er kann sich der Existenz widmen, die er sich wünscht. Er lebt nach eigenen Regeln.
Es ist ein geschlossener Charakter, Anatol entwickelt sich nicht, bleibt so, wie er war. Er bleibt in seiner eigenen Welt, lebt auf der Fläche, er lernt gar nichts. Das ganze Leben ist für ihn ein Spiel. Er meint, dass alle Menschen nur Schauspieler sind. Sie sind verlogen, innerlich unbefriedigt, sie betrügen und finden kein Ziel. Anatol ist der Meinung, dass der Mensch nie an das Ziel seiner Wünsche gelangen kann.
Anatol ist leichtsinniger Melancholiker, Hypochonder der Liebe, denn an dieser Lebensweise gibt es etwas Krankhaftes. Er ist ein Mensch der Dekadenz – er hat Sinn für Vergänglichkeit, Flüchtigkeit, keinen Zusammenhang im Leben. Das Leben besteht für ihn nur aus Episoden, es ist ein Zusammenspiel von schönen Augenblicken. Man kann ihn auch als einen impressionistischen Menschen bezeichnen. Seine Welt ist in ständiger Wandlung von Stimmungen, Gefühlen, Anschauungen. Alles in seinem Leben verändert sich, aber er bleibt konstant.
Er ist zerrissen, unentschlossen. Manchmal bezeichnet man ihn als einen Antihelden, als einen Halbehelden, weil seine Persönlichkeit so zwiespältig ist.
Anatol hat Angst vor der Wahrheit, will keine Wahrheit wissen (es ist ein moderner Zug – man will die Wahrheit nicht erfahren. Man sagt, dass der Mensch die volle Wahrheit nicht ertragen kann). Er lebt gerne in Illusionen. Schon Nietzsche stellte fest, dass die Wahrheit schädlich ist und dass man sie verschweigen sollte.
Im Spiel gibt es keine zusammenhängende Handlung. Es gibt lose verbundene Episoden, die genauso wechseln wie das Leben von Anatol. Die Episoden wiederholen sich. Anatols Leben ist ein Spiel von Sein und Schein.
Schnitzlers Protagonist lebt seine Triebe aus, ohne Rücksicht auf die Moral, auf Regeln, auf Gesetze zu nehmen. Er erkennt an, dass eine Frau auch Schluss machen kann. Es ist jedoch ein Riss an seinem Stolz, eine Ohrfeige. Jede Beziehung endet gleich – er verlässt oder wird von einer Frau verlassen.
Er hat kein Ziel, lebt vor sich hin, kümmert sich nur um den heutigen Tag, will nur Spaß haben. Er ist unentschlossen, mit dem Leben unzufrieden. Seine Welt ist die Welt der ästhetischen Stimmungen. Mal ist er fröhlich, mal nachdenklich. Er genießt das Leben, umgeht die offiziell geltende Moral. Er verführt auch verheiratete Frauen.
Anatol ist angeblich reich, um bequem, genussvoll leben zu können, ohne zu arbeiten. Er führt ein unbekümmertes, fröhliches Leben. Er hat keinen Beruf, hat eine allgemeine Ausbildung. Er musste keinen Beruf erlernen, weil er wahrscheinlich aus adeligen Kreisen oder aus einer wohlhabenden Familie stammt. Er kann sich der Existenz widmen, die er sich wünscht. Er lebt nach eigenen Regeln.
Es ist ein geschlossener Charakter, Anatol entwickelt sich nicht, bleibt so, wie er war. Er bleibt in seiner eigenen Welt, lebt auf der Fläche, er lernt gar nichts. Das ganze Leben ist für ihn ein Spiel. Er meint, dass alle Menschen nur Schauspieler sind. Sie sind verlogen, innerlich unbefriedigt, sie betrügen und finden kein Ziel. Anatol ist der Meinung, dass der Mensch nie an das Ziel seiner Wünsche gelangen kann.
Anatol ist leichtsinniger Melancholiker, Hypochonder der Liebe, denn an dieser Lebensweise gibt es etwas Krankhaftes. Er ist ein Mensch der Dekadenz – er hat Sinn für Vergänglichkeit, Flüchtigkeit, keinen Zusammenhang im Leben. Das Leben besteht für ihn nur aus Episoden, es ist ein Zusammenspiel von schönen Augenblicken. Man kann ihn auch als einen impressionistischen Menschen bezeichnen. Seine Welt ist in ständiger Wandlung von Stimmungen, Gefühlen, Anschauungen. Alles in seinem Leben verändert sich, aber er bleibt konstant.
Er ist zerrissen, unentschlossen. Manchmal bezeichnet man ihn als einen Antihelden, als einen Halbehelden, weil seine Persönlichkeit so zwiespältig ist.
Anatol hat Angst vor der Wahrheit, will keine Wahrheit wissen (es ist ein moderner Zug – man will die Wahrheit nicht erfahren. Man sagt, dass der Mensch die volle Wahrheit nicht ertragen kann). Er lebt gerne in Illusionen. Schon Nietzsche stellte fest, dass die Wahrheit schädlich ist und dass man sie verschweigen sollte.
Im Spiel gibt es keine zusammenhängende Handlung. Es gibt lose verbundene Episoden, die genauso wechseln wie das Leben von Anatol. Die Episoden wiederholen sich. Anatols Leben ist ein Spiel von Sein und Schein.
Schlagwörter:
Anatol,
Arthur Schnitzler,
das deutschsprachige Drama,
deutschsprachige Literatur,
die literarische Moderne,
Fin de siècle
8.1.12
5.1.12
Arthurs Schnitzlers Anatol als typischer Held der Moderne
Was zeichnet die literarische Moderne aus?
1. Radikale Verfeinerung der Sinne und des Geistes: diese zwei Ebenen werden verfeinert, man legt sehr viel Wert auf diese Sachen, man sollte die Welt mit allen Sinnen wahrnehmen. Das Geistige und das Sinnliche hat man sehr stark empfunden. Anatol umgibt sich gerne mit schönen Sachen. Er pflegt in gebildeten, geistigen Kreisen zu verkehren.
2. Mimosenhafte Angst vor der Berührung mit der prosaischen Realität: Angst, mit der wirklichen Welt in Berührung zu kommen. Wenn Anatol eine Beziehung mit Cora eingegangen wäre, hätte er seine Position verlieren können. In der prosaischen Realität kann er keinen Fuß fassen, er ist in der großen Welt verwurzelt. Er hat Angst vor der Ehe, weil es etwas Konventionelles ist, etwas, was durch Normen und Gesetze geregelt ist. Das betrifft auch die Arbeit, Anatol will keine Verantwortung übernehmen.
3. Die Tendenz zum Philosophieren, zum Zerdenken alles Gewissheiten, aller Selbstverständlichkeiten (Selbstforschung, Selbstanalyse, Selbstbeobachtung). Man denkt über alles nach, das man vielleicht ruhig lassen könnte, über Sachen, die offensichtlich sind. Man redet um des Redens willen, man redet schön, weil es gut ankommt. Anatol handelt und analysiert, was in seinem Inneren vorgeht. Schnitzler gewährt uns einen Einblick in die Psyche seines Helden. Er war Arzt und hat sich mit der Psychoanalyse beschäftigt. Anatol ist ein rhetorischer Künstler. Er hat die Fähigkeit, sich in schönen Worten auszudrücken. Er geht jedoch nicht in die Tiefe, sondern bleibt auf der Oberfläche. Er redet schöne Sachen, weil sie schön klingen. Der Inhalt ist zweitrangig. Anatol redet viel über die Treue, aber will Cora die Frage nicht stellen. Sein Freund formuliert die Frage nach der Treue auf verschiedene Art und Weisen, aber Anatol findet gegen jede Formulierung Einwände und verspielt die Gelegenheit, die Wahrheit zu erfahren.
4. Stolze Absonderung von den normalen Menschen, von der Gesellschaft. Anatol hat die Vorstellung, dass er besser, einzigartig ist. Er hat keine Lust, mit ganz normalen Menschen umzugehen und will die Ausnahmeposition behalten. Anatol verkehrt gerne mit Menschen, die ihm ähnlich sind, nicht mit Durchschnittsmenschen. Er meidet den Kontakt zu durchschnittlichen Menschen. Er ist größenwahnsinnig, hält sich für einen besseren Menschen. Er will nach den eigenen Regeln leben, die anders als die gesellschaftlichen Regeln sind. Er ist von seiner Größe und Einmaligkeit überzeugt.
5. Kult des Ichs, das sich eigene Gesetze und Wertsysteme erschafft. Niemandem schenkt Anatol so viel Aufmerksamkeit wie sich selbst. Er ist in sich selbst verliebt, achtet nur auf die eigenen Gefühle. Er nimmt keine Rücksicht auf die Gefühle der Frauen oder auf die Normen, die in der Gesellschaft gelten. Er lebt seine Triebe frei aus und kümmert sich nicht darum, dass man ihn vielleicht verspottet oder mit Fingern zeigt.
6. Ein beinahe religiöser Ästhetizismus, der das Schöne zum höchsten, einzigen Wert erhebt. Anatol legt viel Wert auf die Kunst. Er verwendet schöne Worte, führt gerne kunstvolle Dialoge, die eigentlich keinen Inhalt haben. Er befasst sich gerne mit Kunst, besucht Theater, trägt Gedichte vor. Seiner Meinung nach sollten die Menschen gut angezogen sein, sich selbst entsprechend repräsentieren. Auch die Einrichtung von Lokalen soll kunstvoll sein. Seine Wohnung ist schmackhaft, elegant, geschmackvoll. Er verbringt die Zeit am liebsten in einer schönen Umgebung. Anatol umgibt sich mit schönen Frauen, gerne aus adeligen Kreisen. Alles, was ihn umgibt, muss Reiz haben und schön sein.
7. Freude an der befreiten Körperlichkeit, Freude an der sich über alle sittlichen Restriktionen hinwegsetzenden Sexualität. Die körperliche Liebe ist für Anatol unverbindlich. Er wechselt die Partnerinnen sehr schnell, kümmert sich um die Meinung weder der Frauen noch der Gesellschaft. Er verführt die Frauen, weil er nach der Erfüllung seiner Wünsche strebt.
1. Radikale Verfeinerung der Sinne und des Geistes: diese zwei Ebenen werden verfeinert, man legt sehr viel Wert auf diese Sachen, man sollte die Welt mit allen Sinnen wahrnehmen. Das Geistige und das Sinnliche hat man sehr stark empfunden. Anatol umgibt sich gerne mit schönen Sachen. Er pflegt in gebildeten, geistigen Kreisen zu verkehren.
2. Mimosenhafte Angst vor der Berührung mit der prosaischen Realität: Angst, mit der wirklichen Welt in Berührung zu kommen. Wenn Anatol eine Beziehung mit Cora eingegangen wäre, hätte er seine Position verlieren können. In der prosaischen Realität kann er keinen Fuß fassen, er ist in der großen Welt verwurzelt. Er hat Angst vor der Ehe, weil es etwas Konventionelles ist, etwas, was durch Normen und Gesetze geregelt ist. Das betrifft auch die Arbeit, Anatol will keine Verantwortung übernehmen.
3. Die Tendenz zum Philosophieren, zum Zerdenken alles Gewissheiten, aller Selbstverständlichkeiten (Selbstforschung, Selbstanalyse, Selbstbeobachtung). Man denkt über alles nach, das man vielleicht ruhig lassen könnte, über Sachen, die offensichtlich sind. Man redet um des Redens willen, man redet schön, weil es gut ankommt. Anatol handelt und analysiert, was in seinem Inneren vorgeht. Schnitzler gewährt uns einen Einblick in die Psyche seines Helden. Er war Arzt und hat sich mit der Psychoanalyse beschäftigt. Anatol ist ein rhetorischer Künstler. Er hat die Fähigkeit, sich in schönen Worten auszudrücken. Er geht jedoch nicht in die Tiefe, sondern bleibt auf der Oberfläche. Er redet schöne Sachen, weil sie schön klingen. Der Inhalt ist zweitrangig. Anatol redet viel über die Treue, aber will Cora die Frage nicht stellen. Sein Freund formuliert die Frage nach der Treue auf verschiedene Art und Weisen, aber Anatol findet gegen jede Formulierung Einwände und verspielt die Gelegenheit, die Wahrheit zu erfahren.
4. Stolze Absonderung von den normalen Menschen, von der Gesellschaft. Anatol hat die Vorstellung, dass er besser, einzigartig ist. Er hat keine Lust, mit ganz normalen Menschen umzugehen und will die Ausnahmeposition behalten. Anatol verkehrt gerne mit Menschen, die ihm ähnlich sind, nicht mit Durchschnittsmenschen. Er meidet den Kontakt zu durchschnittlichen Menschen. Er ist größenwahnsinnig, hält sich für einen besseren Menschen. Er will nach den eigenen Regeln leben, die anders als die gesellschaftlichen Regeln sind. Er ist von seiner Größe und Einmaligkeit überzeugt.
5. Kult des Ichs, das sich eigene Gesetze und Wertsysteme erschafft. Niemandem schenkt Anatol so viel Aufmerksamkeit wie sich selbst. Er ist in sich selbst verliebt, achtet nur auf die eigenen Gefühle. Er nimmt keine Rücksicht auf die Gefühle der Frauen oder auf die Normen, die in der Gesellschaft gelten. Er lebt seine Triebe frei aus und kümmert sich nicht darum, dass man ihn vielleicht verspottet oder mit Fingern zeigt.
6. Ein beinahe religiöser Ästhetizismus, der das Schöne zum höchsten, einzigen Wert erhebt. Anatol legt viel Wert auf die Kunst. Er verwendet schöne Worte, führt gerne kunstvolle Dialoge, die eigentlich keinen Inhalt haben. Er befasst sich gerne mit Kunst, besucht Theater, trägt Gedichte vor. Seiner Meinung nach sollten die Menschen gut angezogen sein, sich selbst entsprechend repräsentieren. Auch die Einrichtung von Lokalen soll kunstvoll sein. Seine Wohnung ist schmackhaft, elegant, geschmackvoll. Er verbringt die Zeit am liebsten in einer schönen Umgebung. Anatol umgibt sich mit schönen Frauen, gerne aus adeligen Kreisen. Alles, was ihn umgibt, muss Reiz haben und schön sein.
7. Freude an der befreiten Körperlichkeit, Freude an der sich über alle sittlichen Restriktionen hinwegsetzenden Sexualität. Die körperliche Liebe ist für Anatol unverbindlich. Er wechselt die Partnerinnen sehr schnell, kümmert sich um die Meinung weder der Frauen noch der Gesellschaft. Er verführt die Frauen, weil er nach der Erfüllung seiner Wünsche strebt.
Schlagwörter:
Anatol,
Arthur Schnitzler,
das deutschsprachige Drama,
deutschsprachige Literatur,
die literarische Moderne,
Fin de siècle
4.1.12
Effi oder Innstetten? Wer trägt die Schuld?
Beide tragen die Schuld, aber meiner Meinung nach sollte man die meiste Schuld zweifelsohne dem Baron Innstetten zuschreiben. Von ihrem Ehemann wünscht sich Effi Zärtlichkeit, Emotionalität, Zuwendung, Spontaneität, Anerkennung. Innstetten ist dagegen ihr gegenüber kalt, gleichgültig, schenkt ihr wenig Zeit. Sie langweilt sich, hat einen Hang zum Spiel und Abenteuer und das kann sie von ihrem Ehemann nicht erwarten. Er ist zu ernst und konservativ. Innstetten hat sich wohl denken können, was seine junge Frau erwartet, sich Mühe geben, durchaus zärtlicher sein, auch wenn das ihm nicht so lieb war.
Major Crampas ist dagegen völlig anders – spontan, schenkt Effi Zeit und redet anteilnahmsvoll mit ihr. Diese Beziehung wird Effi mit der Zeit lästig. Sie freut sich auf neues Leben in Berlin. Sieben Jahre nach dem Umzug findet Innstetten Effis Briefe an Crampas. Seine Ehre ist verletzt, für ihn ist nur eine Möglichkeit zu denken: die Scheidung und das Duell, in dem Crampas fällt.
Er hätte ihr den kleinen Seitensprung verzeihen können. Er meint und hofft, das Richtige getan zu haben. Sein Freund Wüllersdorf warnte ihn: die Sache sei vermutlich schon Jahre her, praktisch verjährt. Wenn er jetzt losginge, müsste er dann vermutlich für immer gleich doppelt leiden: zum einen unter der Affäre und zum anderen unter einem begangenen Mord. Innstetten sagt, er liebe seine Frau und fühle keine wirkliche Rachsucht, er verspüre keinen Hass. Es sei aber gesellschaftlich so vorgeschrieben, dass er nun den Liebhaber zum Duell herausfordern sollte und diese Vorgabe sei selbst wichtiger als jede religiöse Vorschrift. Er sei sozusagen Sklave der Traditionen. Es sei eine gesellschaftliche Anforderung gewesen, das Problem per Duell zu lösen. Je länger er aber über die ganze Angelegenheit nachdenkt, desto mehr Zweifel hegt er. Zwar sei Rache etwas Menschliches und sein Recht gewesen, aber nach allen objektiven Maßstäben war die Beziehung schon längst verjährt gewesen. Auch im Gesicht des sterbenden Major Crampas glaubt er, solch einen Vorwurf erkannt zu haben. Den Vorwurf, dass er nur aufgrund Prinzipien und Traditionen handle und nicht nach individuellen Gefühlen.
Am Ende des Romans wird Innstetten zum Ministerialdirektor ernannt. Er empfindet jedoch keine echte Freude über diese Nachricht. Er hat ernsthafte Zweifel an seinem Leben und an dem beständigen Versuch, die Karriereleiter immer höher hinaufzuklettern. Das ewige Streben empfindet er als sinnlos. Er erinnert sich an die alten Tage und ist sich dessen bewusst, dass er im Leben kein Glück mehr finden kann. Er hat nicht nach der Stimme des Herzens gehandelt, sondern nach den gesellschaftlichen Normen. Im Zentrum stand für ihn eine ungeschriebene Norm, die schriftlich nicht fixiert wurde.
Andererseits kann man die Schuld auch Effi zuschreiben. Sie hätte die Briefe nicht behalten und stattdessen sie verbrennen sollen. Sie nimmt die ganze Schuld auf sich. Sie hat Major Crampas nie wirklich geliebt – trotzdem ist er ihretwegen erschossen worden. Sie meint, Innstettens Verhalten, das Duell und ihre Verstoßung seien verständlich gewesen und er hätte keine andere Wahl gehabt.
Zugleich tragen auch Effis Eltern die Schuld. Sie machen sich zwar Gedanken über die Gefühle, die Effi zu Innstetten hegt, aber sie hätten sie nach der Meinung fragen sollen, bevor sie Effi über den Heiratsantrag informiert haben.
Major Crampas ist dagegen völlig anders – spontan, schenkt Effi Zeit und redet anteilnahmsvoll mit ihr. Diese Beziehung wird Effi mit der Zeit lästig. Sie freut sich auf neues Leben in Berlin. Sieben Jahre nach dem Umzug findet Innstetten Effis Briefe an Crampas. Seine Ehre ist verletzt, für ihn ist nur eine Möglichkeit zu denken: die Scheidung und das Duell, in dem Crampas fällt.
Er hätte ihr den kleinen Seitensprung verzeihen können. Er meint und hofft, das Richtige getan zu haben. Sein Freund Wüllersdorf warnte ihn: die Sache sei vermutlich schon Jahre her, praktisch verjährt. Wenn er jetzt losginge, müsste er dann vermutlich für immer gleich doppelt leiden: zum einen unter der Affäre und zum anderen unter einem begangenen Mord. Innstetten sagt, er liebe seine Frau und fühle keine wirkliche Rachsucht, er verspüre keinen Hass. Es sei aber gesellschaftlich so vorgeschrieben, dass er nun den Liebhaber zum Duell herausfordern sollte und diese Vorgabe sei selbst wichtiger als jede religiöse Vorschrift. Er sei sozusagen Sklave der Traditionen. Es sei eine gesellschaftliche Anforderung gewesen, das Problem per Duell zu lösen. Je länger er aber über die ganze Angelegenheit nachdenkt, desto mehr Zweifel hegt er. Zwar sei Rache etwas Menschliches und sein Recht gewesen, aber nach allen objektiven Maßstäben war die Beziehung schon längst verjährt gewesen. Auch im Gesicht des sterbenden Major Crampas glaubt er, solch einen Vorwurf erkannt zu haben. Den Vorwurf, dass er nur aufgrund Prinzipien und Traditionen handle und nicht nach individuellen Gefühlen.
Am Ende des Romans wird Innstetten zum Ministerialdirektor ernannt. Er empfindet jedoch keine echte Freude über diese Nachricht. Er hat ernsthafte Zweifel an seinem Leben und an dem beständigen Versuch, die Karriereleiter immer höher hinaufzuklettern. Das ewige Streben empfindet er als sinnlos. Er erinnert sich an die alten Tage und ist sich dessen bewusst, dass er im Leben kein Glück mehr finden kann. Er hat nicht nach der Stimme des Herzens gehandelt, sondern nach den gesellschaftlichen Normen. Im Zentrum stand für ihn eine ungeschriebene Norm, die schriftlich nicht fixiert wurde.
Andererseits kann man die Schuld auch Effi zuschreiben. Sie hätte die Briefe nicht behalten und stattdessen sie verbrennen sollen. Sie nimmt die ganze Schuld auf sich. Sie hat Major Crampas nie wirklich geliebt – trotzdem ist er ihretwegen erschossen worden. Sie meint, Innstettens Verhalten, das Duell und ihre Verstoßung seien verständlich gewesen und er hätte keine andere Wahl gehabt.
Zugleich tragen auch Effis Eltern die Schuld. Sie machen sich zwar Gedanken über die Gefühle, die Effi zu Innstetten hegt, aber sie hätten sie nach der Meinung fragen sollen, bevor sie Effi über den Heiratsantrag informiert haben.
3.1.12
Effi Briest - Geschichte und Charakteristik
Am Anfang des Romans zeigt Effi deutlich kindliche Züge, sie ist eine fröhliche junge Frau. Als ihre Mutter ihr sagt, dass der Baron um ihre Hand angehalten hat, ist Effi schockiert. Sie ist sich dessen bewusst, dass die kindliche Freiheit jetzt vergangen ist.
Zwischen ihr und ihrem Ehemann besteht ein großer Altersunterschied – Geert Innstetten ist 38, Effi ist 17. Sie ist ziemlich unreif, naiv, verspielt. Über Innstetten sagt sie, dass er adlig sei, Rang und Stellung habe. Aber Liebe erwähnt sie nicht. Von ihrem Ehemann wünscht sie sich Zärtlichkeit, Emotionalität, Zuwendung, Spontaneität, Komplimente, Anerkennung und dass sie gemeinsam etwas unternehmen. Innstetten ist ihr gegenüber kalt, steif, gleichgültig, schenkt ihr wenig Zeit. Sie langweilt sich zu Tode, das Alleinsein bedrückt sie. Effi will Kindlichkeit, Fröhlichkeit behalten. Sie ist Romantikerin und hat eine gewisse Vorstellung, wie die Ehe aussehen sollte. Sie hat einen Hang zum Spiel und Abenteuer und das kann sie von ihrem Ehemann nicht erwarten. Auch von dem Kessiner Leben ist sie enttäuscht – es ist ereignislos und monoton, nichts ist in der Gegend los.
Effi fühlt sich vollkommen alleine, wie eine Gefangene, sieht Gestalten und hört Stimmen. Sue ist einsam, wird von den ansässigen Menschen als eine Fremde wahrgenommen und so bemühen sich die meisten darum, Dinge an ihr zu finden, die ihnen nicht gefallen. Einen guten Kontakt kann sie nur zum Apotheker – Alonzo Gieshübler – aufbauen.
Ihr Mann ist so ernst und konservativ, dass sie Angst hat, ihm über ihre Spukeinbildungen zu erzählen. Er könnte sie auslachen oder sogar verachten. Sie entscheidet sich dafür und er beruhigt sie. Er meint, es würde sich wenig unterstützend auf seine Karriere auswirken. Er macht zugleich den Eindruck, dass er selbst an Geister glaubt. Trotzdem hält er Effis Beschreibungen nicht für wahr.
Effi sehnt sich nach ihrem Familienhaus in Hohen-Cremmen und kommt dorthin sehr gerne zurück. Sie erzählt ihrer Mutter von ihrer Angst vor Geistern im Haus und beklagt sich über Innstettens Verhalten.
Effi ist fürsorglich und sensibel – sie stellt Roswitha ein und fühlt Mitleid mit ihr, als sie ihre traurige Geschichte hört.
In Kessin lernt Effi Major Crampas kennen. Er ist völlig anders als ihr Ehemann – spontan, er schenkt ihr Zeit und Anerkennung, spricht mit ihr. Effi ist sich jetzt dessen bewusst, dass ihr Ehemann mit diesen Geistergeschichten etwas bezwecken will. Erstens will er Aufmerksamkeit erregen, denn Spukhäuser sind interessant (das kann hilfreich im Wahlkampf sein und Karriere fördern). Zweitens will er Effi in Angst vor dem Übernatürlichen versetzen und sie dadurch erziehen (durch die Angst soll sie auf sündhafte Gedanken während Innstettens Abwesenheit nicht kommen).
Die Beziehung Effis mit Crampas spielt nicht auf der sexuellen Ebene. Effi freut sich, dass jemand ihr Zeit schenkt und mit ihr anteilnahmsvoll spricht. Crampas schwärmt gefühlvoll vom Dichter Heinrich Heine und von dessen Liebesgedichten. Diese Bekanntschaft wird Effi mit der Zeit lästig. Sie freut sich darauf, ein neues Leben in Berlin anzufangen. Innstetten wird dort zum Ministerialrat ernannt. Effi wird ihre Affäre endlich los. In Berlin fühlt sie sich wesentlich wohler als in Kessin. Trotzdem hat sie Todesangst davor, dass ihre Beziehung mit Crampas ans Tageslicht kommt.
Sieben Jahre in Berlin vergehen und Effi bekommt nach einer Tochter keine weiteren Kinder und daher wird ihr eine Kur in Schwalbach und in Ems verordnet. Als sie sich dorthin begibt, findet ihr Ehemann die Briefe an Crampas. Er handelt nach gesellschaftlichen Konventionen und Prinzipien und fordert Crampas zum Duell heraus, in dem Crampas fällt. In ihr Haus nach Berlin darf Effi nicht mehr zurück, in wenigen Wochen soll die Scheidung ausgesprochen werden und das Erziehungsrecht über Tochter Annie wurde ihr abgesprochen. In Ihr Elternhaus darf sie auch nicht zurück – ihre Eltern würden vom restlichen Adel ausgeschlossen werden.
Effi mietet sich ein Zimmer in einer kleinen Pension und verdient mit Malunterricht. Auf diese Art und Weise vergehen drei Jahre. Im Laufe der Zeit wird sie immer häufiger krank, ihr Zustand verschlechtert sich.
Eines Tages sieht sie auf dem Rückweg vom Malunterricht ihre Tochter Annie und der Wunsch wird immer größer, sie wiederzusehen. Es kommt zu einem Treffen, aber Effi ist dann sehr enttäuscht – ihre Tochter ist ihr gegenüber kalt und gleichgültig.
Effis Eltern lassen sie nach Hohen-Cremmen zurückkommen. Dort kann sie wieder eine gute Beziehung zu ihren alten Freunden aufbauen. Sie fühlt sich auch glücklicher und ruhiger. Sie denkt über den Himmel und den Tod nach. Effi hat keine Angst mehr vor dem Sterben. Sie schiebt die ganze Schuld auf sich. Einige Wochen später stirbt sie.
Zwischen ihr und ihrem Ehemann besteht ein großer Altersunterschied – Geert Innstetten ist 38, Effi ist 17. Sie ist ziemlich unreif, naiv, verspielt. Über Innstetten sagt sie, dass er adlig sei, Rang und Stellung habe. Aber Liebe erwähnt sie nicht. Von ihrem Ehemann wünscht sie sich Zärtlichkeit, Emotionalität, Zuwendung, Spontaneität, Komplimente, Anerkennung und dass sie gemeinsam etwas unternehmen. Innstetten ist ihr gegenüber kalt, steif, gleichgültig, schenkt ihr wenig Zeit. Sie langweilt sich zu Tode, das Alleinsein bedrückt sie. Effi will Kindlichkeit, Fröhlichkeit behalten. Sie ist Romantikerin und hat eine gewisse Vorstellung, wie die Ehe aussehen sollte. Sie hat einen Hang zum Spiel und Abenteuer und das kann sie von ihrem Ehemann nicht erwarten. Auch von dem Kessiner Leben ist sie enttäuscht – es ist ereignislos und monoton, nichts ist in der Gegend los.
Effi fühlt sich vollkommen alleine, wie eine Gefangene, sieht Gestalten und hört Stimmen. Sue ist einsam, wird von den ansässigen Menschen als eine Fremde wahrgenommen und so bemühen sich die meisten darum, Dinge an ihr zu finden, die ihnen nicht gefallen. Einen guten Kontakt kann sie nur zum Apotheker – Alonzo Gieshübler – aufbauen.
Ihr Mann ist so ernst und konservativ, dass sie Angst hat, ihm über ihre Spukeinbildungen zu erzählen. Er könnte sie auslachen oder sogar verachten. Sie entscheidet sich dafür und er beruhigt sie. Er meint, es würde sich wenig unterstützend auf seine Karriere auswirken. Er macht zugleich den Eindruck, dass er selbst an Geister glaubt. Trotzdem hält er Effis Beschreibungen nicht für wahr.
Effi sehnt sich nach ihrem Familienhaus in Hohen-Cremmen und kommt dorthin sehr gerne zurück. Sie erzählt ihrer Mutter von ihrer Angst vor Geistern im Haus und beklagt sich über Innstettens Verhalten.
Effi ist fürsorglich und sensibel – sie stellt Roswitha ein und fühlt Mitleid mit ihr, als sie ihre traurige Geschichte hört.
In Kessin lernt Effi Major Crampas kennen. Er ist völlig anders als ihr Ehemann – spontan, er schenkt ihr Zeit und Anerkennung, spricht mit ihr. Effi ist sich jetzt dessen bewusst, dass ihr Ehemann mit diesen Geistergeschichten etwas bezwecken will. Erstens will er Aufmerksamkeit erregen, denn Spukhäuser sind interessant (das kann hilfreich im Wahlkampf sein und Karriere fördern). Zweitens will er Effi in Angst vor dem Übernatürlichen versetzen und sie dadurch erziehen (durch die Angst soll sie auf sündhafte Gedanken während Innstettens Abwesenheit nicht kommen).
Die Beziehung Effis mit Crampas spielt nicht auf der sexuellen Ebene. Effi freut sich, dass jemand ihr Zeit schenkt und mit ihr anteilnahmsvoll spricht. Crampas schwärmt gefühlvoll vom Dichter Heinrich Heine und von dessen Liebesgedichten. Diese Bekanntschaft wird Effi mit der Zeit lästig. Sie freut sich darauf, ein neues Leben in Berlin anzufangen. Innstetten wird dort zum Ministerialrat ernannt. Effi wird ihre Affäre endlich los. In Berlin fühlt sie sich wesentlich wohler als in Kessin. Trotzdem hat sie Todesangst davor, dass ihre Beziehung mit Crampas ans Tageslicht kommt.
Sieben Jahre in Berlin vergehen und Effi bekommt nach einer Tochter keine weiteren Kinder und daher wird ihr eine Kur in Schwalbach und in Ems verordnet. Als sie sich dorthin begibt, findet ihr Ehemann die Briefe an Crampas. Er handelt nach gesellschaftlichen Konventionen und Prinzipien und fordert Crampas zum Duell heraus, in dem Crampas fällt. In ihr Haus nach Berlin darf Effi nicht mehr zurück, in wenigen Wochen soll die Scheidung ausgesprochen werden und das Erziehungsrecht über Tochter Annie wurde ihr abgesprochen. In Ihr Elternhaus darf sie auch nicht zurück – ihre Eltern würden vom restlichen Adel ausgeschlossen werden.
Effi mietet sich ein Zimmer in einer kleinen Pension und verdient mit Malunterricht. Auf diese Art und Weise vergehen drei Jahre. Im Laufe der Zeit wird sie immer häufiger krank, ihr Zustand verschlechtert sich.
Eines Tages sieht sie auf dem Rückweg vom Malunterricht ihre Tochter Annie und der Wunsch wird immer größer, sie wiederzusehen. Es kommt zu einem Treffen, aber Effi ist dann sehr enttäuscht – ihre Tochter ist ihr gegenüber kalt und gleichgültig.
Effis Eltern lassen sie nach Hohen-Cremmen zurückkommen. Dort kann sie wieder eine gute Beziehung zu ihren alten Freunden aufbauen. Sie fühlt sich auch glücklicher und ruhiger. Sie denkt über den Himmel und den Tod nach. Effi hat keine Angst mehr vor dem Sterben. Sie schiebt die ganze Schuld auf sich. Einige Wochen später stirbt sie.
2.1.12
„Effi Briest“ - Fontanes größtes Werk
„Effi Briest“ ist Fontanes größtes Werk, seine Gipfelleistung. Die Geschichte basiert auf authentischen Ereignissen, die sich im Bekanntenkreis von Fontane abgespielt haben.
Effi ist 17. Baron Innstetten war der Familie bekannt. Die Eltern haben für Effi entschieden. Sie sind sich nicht einig, ob sie genug reif ist. Sie hatte keine Ahnung, was die Heirat mit sich bringt. Sie war erfreut, ein neues Leben zu beginnen. Sie fühlt sich vollkommen alleine. Sie hört Stimmen, sie sieht Gestalten. Der Ehemann schenkt ihr zu wenig Zeit, Effi langweilt sich zu Tode. Das Alleinsein bedrückt sie. Sie braucht Zuwendung, Anerkennung. Sympathie. Innstetten ist kalt, gleichgültig. Effi bringt eine Tochter zur Welt. Nachdem sie umgezogen sind, findet ihr Mann versteckte Briefe. Er fordert Crampas zum Duell heraus. Crampas fällt. Es gab keine andere Möglichkeit für Innstetten, als sich scheiden zu lassen.
Es war jedoch keine sexuelle Beziehung. Bei Crampas fand Effi Anerkennung, Gespräche. Diese Bekanntschaft war ihr später lästig. Sie wollte die Briefe zerstören. Sie wusste, was für ein Mann Innstetten war – er hatte feste Prinzipien, war Mann von Ehre, Karrieremensch. Sie hätte keine Bekanntschaft derart machen sollten, hätte sich viele Sachen erspart. Letztendlich hat sie ihren Mann nicht betrogen. Innstetten nimmt Effi das Kind weg. Die Beziehung Mutter-Tochter wird zerstört, damit kann sie nicht leben. Innstetten führt dazu, dass sie gesundheitlich immer mehr ruiniert ist. Auch ihr Ruf war vollkommen ruiniert.
Aufgrund seelischer Probleme fühlt sich Efi immer schlechter. Bevor sie stirbt, sagt sie, dass Innstetten keinen Fehler begangen hat. Was in dieser Zeit grundsätzlich gezählt hat, waren die Konventionen.
Innstetten hat immer nach dem sog. Ehrenkodex gehandelt. Es sind Normen, die man beachten sollte – egal, was man fühlt. Die Gesellschaft stellt Regeln auf. Wenn man gegen sie verstößt, wird man von der Gesellschaft ausgeschlossen. Wahrscheinlich trägt Innstetten mehr Schuld. Er hat sich wohl denken können, was sie erwartet, sich Mühe geben, durchaus zärtlicher sein, auch wenn das ihm nicht so lieb war, den kleinen Seitensprung verzeihen. Sein Ansehen in der Gesellschaft, seine Stellung waren ihm wichtiger. Er meint und hofft, das Richtige getan zu haben. Er macht sich dann Vorwürfe und wird das Gefühl nicht los, dass das seine Schuld ist. Er ist ein angesehener Mensch, erfreut sich großer Anerkennung, man rechnet mit ihm. Innstetten ist solide, erfahren, pflichtbewusst, ordnungsliebend, verantwortlich, ehrlich, distanziert, kühl. Er geht auf die Bedürfnisse seiner Frau nicht ein, erfüllt ihre Wünsche nicht. Er hat gezeigt, was ihm wichtiger war – die Meinung der Gesellschaft. Er hat die Tochter der Mutter entfremdet. Sie hatte kein Bedürfnis mehr, die Mutter zu sehen.
Effi ist 17. Baron Innstetten war der Familie bekannt. Die Eltern haben für Effi entschieden. Sie sind sich nicht einig, ob sie genug reif ist. Sie hatte keine Ahnung, was die Heirat mit sich bringt. Sie war erfreut, ein neues Leben zu beginnen. Sie fühlt sich vollkommen alleine. Sie hört Stimmen, sie sieht Gestalten. Der Ehemann schenkt ihr zu wenig Zeit, Effi langweilt sich zu Tode. Das Alleinsein bedrückt sie. Sie braucht Zuwendung, Anerkennung. Sympathie. Innstetten ist kalt, gleichgültig. Effi bringt eine Tochter zur Welt. Nachdem sie umgezogen sind, findet ihr Mann versteckte Briefe. Er fordert Crampas zum Duell heraus. Crampas fällt. Es gab keine andere Möglichkeit für Innstetten, als sich scheiden zu lassen.
Es war jedoch keine sexuelle Beziehung. Bei Crampas fand Effi Anerkennung, Gespräche. Diese Bekanntschaft war ihr später lästig. Sie wollte die Briefe zerstören. Sie wusste, was für ein Mann Innstetten war – er hatte feste Prinzipien, war Mann von Ehre, Karrieremensch. Sie hätte keine Bekanntschaft derart machen sollten, hätte sich viele Sachen erspart. Letztendlich hat sie ihren Mann nicht betrogen. Innstetten nimmt Effi das Kind weg. Die Beziehung Mutter-Tochter wird zerstört, damit kann sie nicht leben. Innstetten führt dazu, dass sie gesundheitlich immer mehr ruiniert ist. Auch ihr Ruf war vollkommen ruiniert.
Aufgrund seelischer Probleme fühlt sich Efi immer schlechter. Bevor sie stirbt, sagt sie, dass Innstetten keinen Fehler begangen hat. Was in dieser Zeit grundsätzlich gezählt hat, waren die Konventionen.
Innstetten hat immer nach dem sog. Ehrenkodex gehandelt. Es sind Normen, die man beachten sollte – egal, was man fühlt. Die Gesellschaft stellt Regeln auf. Wenn man gegen sie verstößt, wird man von der Gesellschaft ausgeschlossen. Wahrscheinlich trägt Innstetten mehr Schuld. Er hat sich wohl denken können, was sie erwartet, sich Mühe geben, durchaus zärtlicher sein, auch wenn das ihm nicht so lieb war, den kleinen Seitensprung verzeihen. Sein Ansehen in der Gesellschaft, seine Stellung waren ihm wichtiger. Er meint und hofft, das Richtige getan zu haben. Er macht sich dann Vorwürfe und wird das Gefühl nicht los, dass das seine Schuld ist. Er ist ein angesehener Mensch, erfreut sich großer Anerkennung, man rechnet mit ihm. Innstetten ist solide, erfahren, pflichtbewusst, ordnungsliebend, verantwortlich, ehrlich, distanziert, kühl. Er geht auf die Bedürfnisse seiner Frau nicht ein, erfüllt ihre Wünsche nicht. Er hat gezeigt, was ihm wichtiger war – die Meinung der Gesellschaft. Er hat die Tochter der Mutter entfremdet. Sie hatte kein Bedürfnis mehr, die Mutter zu sehen.
1.1.12
Theodor Fontane und seine Schreibweise
Theodor Fontane (1819-1898) schrieb gesellschaftskritische Romane. Er beschuldigte niemanden und brachte keine Reformvorschläge. Seine Romane sind realistisch und man hat ihn gerne mit Russen verglichen (Tolstoi, Dostojewski).
(Theodor Fontane, 1883 - Carl Breitbach)
Bei Fontane finden wir kein umfassendes Gesellschaftspanorama. Er konzentriert sich nur auf ausgewählte Aspekte, er nimmt nicht alle Menschen unter die Lupe (vor allem Menschen aus dem wohlhabenden Bürgertum, vom preußischen Adel). Er schildert sehr genau, getreu die Ereignisse. Er war eindeutig ein wunderbarer Beobachter der bestimmten gesellschaftlichen Verhältnisse, ein scharfsinniger Beobachter der Menschen. Er hält sich auf Distanz, legt Wert darauf, objektiv zu bleiben. Es fehlt eine direkte Stellungnahme, eine Konfrontation der Standpunkte. Genau, präzise, objektiv schildert er die Verhältnisse seiner Zeit.
Fontane war ein großartiger Beobachter des Berliner Lebens. Er beschreibt gründlich, was psychisch, seelisch passiert. Die Handlung spielt in der Privatwelt der Helden. Das Thema ist die ewige Spannung, die Kluft zwischen der Gefühlswelt der Menschen und gesellschaftlichen, moralischen Konventionen.
Fontane ist kein Moralist, kein Lehrer der Moral, urteilt nicht über seine Mitmenschen, ergreift keine Partei. Er schildert alles aus verschiedenen Perspektiven. Er beschreibt die Schicksale seiner Helden fast anteilnahmslos. Er beschreibt, was im Inneren der menschlichen Seele vorkommt, was sich im Herzen abspielt. Die Geschehnisse in seinen Romanen werden kühl, sachlich dargestellt. Viele Fragen bleiben offen. Die Entscheidung, wer schuld sein könnte, liegt an dem Leser selbst.
(Theodor Fontane, 1883 - Carl Breitbach)
Bei Fontane finden wir kein umfassendes Gesellschaftspanorama. Er konzentriert sich nur auf ausgewählte Aspekte, er nimmt nicht alle Menschen unter die Lupe (vor allem Menschen aus dem wohlhabenden Bürgertum, vom preußischen Adel). Er schildert sehr genau, getreu die Ereignisse. Er war eindeutig ein wunderbarer Beobachter der bestimmten gesellschaftlichen Verhältnisse, ein scharfsinniger Beobachter der Menschen. Er hält sich auf Distanz, legt Wert darauf, objektiv zu bleiben. Es fehlt eine direkte Stellungnahme, eine Konfrontation der Standpunkte. Genau, präzise, objektiv schildert er die Verhältnisse seiner Zeit.
Fontane war ein großartiger Beobachter des Berliner Lebens. Er beschreibt gründlich, was psychisch, seelisch passiert. Die Handlung spielt in der Privatwelt der Helden. Das Thema ist die ewige Spannung, die Kluft zwischen der Gefühlswelt der Menschen und gesellschaftlichen, moralischen Konventionen.
Fontane ist kein Moralist, kein Lehrer der Moral, urteilt nicht über seine Mitmenschen, ergreift keine Partei. Er schildert alles aus verschiedenen Perspektiven. Er beschreibt die Schicksale seiner Helden fast anteilnahmslos. Er beschreibt, was im Inneren der menschlichen Seele vorkommt, was sich im Herzen abspielt. Die Geschehnisse in seinen Romanen werden kühl, sachlich dargestellt. Viele Fragen bleiben offen. Die Entscheidung, wer schuld sein könnte, liegt an dem Leser selbst.
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