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28.1.12

Hugo von Hofmannsthal (1874-1929) – Terzinen über Vergänglichkeit

Terzinen über Vergänglichkeit:

Noch spür ich ihren Atem auf den Wangen:
Wie kann das sein, daß diese nahen Tage
Fort sind, für immer fort, und ganz vergangen?

Dies ist ein Ding, das keiner voll aussinnt,
Und viel zu grauenvoll, als daß man klage:
Daß alles gleitet und vorüberrinnt.

Und daß mein eignes Ich, durch nichts gehemmt,
Herüberglitt aus einem kleinen Kind
Mir wie ein Hund unheimlich stumm und fremd.

Dann: daß ich auch vor hundert Jahren war
Und meine Ahnen, die im Totenhemd,
Mit mir verwandt sind wie mein eignes Haar,

So eins mit mir als wie mein eignes Haar
.

Stimmungen, die im Gedicht herrschen: Melancholie, Nostalgie, Empfindung der Lebensmüdigkeit, Fin de siècle, Endzeitbewusstsein, Unbehagen an der Wirklichkeit, Gefühl des Verfalls, der Gedanke, dass man im geschichtlichen Zusammenhang steht.
Das lyrische Ich kann noch die Tage spüren, die vergangen sind. Es drückt seine Verwunderung aus, dass die Zeit so schnell vergeht. Das Gefüllt der Vergänglichkeit überfällt es und es ist ein grauenvoller Gedanke. Es erinnert sich an die Kindheit, aber kann keine Verbindung zwischen Ich in der Kindheit und Ich von heute (etwas Fremdes) finden. Das lyrische Ich ist sich dessen bewusst, dass es im geschichtlichen Zusammenhang steht, dass es ein Teil der Geschichte, ein Glied in der Kette, ein Glied der sich wechselnden Generationen ist. Es gab Menschen vor ihm (die Ahnen), es wird auch Menschen nach ihm geben. Diese Verbindung ist sehr nah.
Im Gedicht erscheinen symbolische Elemente. Hofmannsthal stand unter dem Einfluss französischer Symbolisten. Der Tod ist keine schreckliche Tatsache. Man muss ihn akzeptieren, weil er ein Teil der Natur ist, weil er zum natürlichen Zyklus gehört.

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