Inhalt
Der Kalif Chasid und sein Großwesir Mansor werden von einem als Händler verkleideten Zauberer hereingelegt. Sie kaufen von ihm eine Dose mit Pulver – die dazu gehörende Schrift weckt das Interesse des Kalifen. Die angebliche Geheimschrift entpuppt sich als Latein. Sie nehmen ein Zauberpulver ein und verwandeln sich in Störche: Der Wesir schlug endlich vor, weiter hinaus an einen Teich zu gehen, wo er schon oft viele Tiere, namentlich Störche, gesehen habe, die durch ihr gravitätisches Wesen und ihr Geklapper immer seine Aufmerksamkeit erregt haben (S. 18-19). So lassen sie sich auf ein riskantes Abenteuer ein und ignorieren die Warnung des Zauberers, dass sie, indem sie in Tiergestalt lachen, das Zauberwort, die Rückführformel für die Rückumwandlung vergessen werden. Außerdem müssen sie sich dreimal gegen Osten verneigen. Der plumpe Tanz einer Störchin löst das verhängnisvolle Lachen aus. Die beiden geraten in eine fatale Lage, sind an der Misere selbst schuld, sind leichtgläubig und naiv. Der Zauberer versucht seinen Sohn zu inthronisieren. So ergreift Mizra die Macht und okkupiert den Palast.
Die beiden Störche erlangen ihre menschliche Gestalt zurück, nachdem sie die Hilfe einer von eben diesem Zauberer in eine Eule verwandelten Prinzessin angenommen haben. Als der Zauberer Kaschnur für seinen Sohn um die Hand der Prinzessin anhielt, hat ihn ihr Vater von der Treppe hinunterwerfen lassen. So wurde die Prinzessin verwandelt und jetzt muss sie jemanden finden, der bereit wäre, sie in ihrer Tiergestalt zu heiraten. Die Zeit drängt, die Situation ist bedrohlich. Trotzdem ziehen sich der Kalif und der Wesir zu einer Beratung zurück und versuchen, dem anderen die Sache in die Schuhe zu schieben. Der Großwesir hat bereits eine Frau und aus Angst vor ihr bleibt er lieber ewig ein Vogel. Der Kalif kauft so die Katze im Sack und muss die Prinzessin nach der Umwandlung heiraten – sein Mut beschränkt sich darauf, das Unvermeidliche zu tun. Bei allem Mut, den er beim nächtlichen Abenteuer beweist, will er die unangenehme Pflicht auf den Wesir abschieben. Trotzdem wird seine Rettung dadurch gerechtfertigt, dass ihm auch unter dem Storchenflügel ein tapferes Herz schlug (S. 22). Es bedarf noch des vergessenen Lösewortes – eben in dieser Nacht findet ein Treffen des Magier-Zirkels statt und der Zauberer plaudert so das Zauberwort aus. Alles geht märchenhaft gut aus – die Prinzessin ist schön, der Zauberer und sein Sohn werden exemplarisch bestraft. Kaschnur wird im früheren Gemach der Eule erhängt.
Ironie
Bereits zu Beginn der Handlung werden die beiden Protagonisten ironisiert. Den Herrscher Bagdads lernen wir als einen Liebhaber bürgerlicher Gemütlichkeit kennen, dann stellt es sich heraus, dass es mit ihm nicht zu spaßen ist (vgl. BECKMANN 1976: 25-26). Wir erfahren, dass der Großwesir an dem Tage nachdenklich aussah, was ganz gegen seine Gewohnheit (S. 16) war. Ferner muss festgestellt werden, dass der Moment des Nachdenkens sich auf das Geld beschränkt: aber dadrunten am Schloß steht ein Krämer, der hat so schöne Sachen, daß es mich ärgert, nicht viel überflüssiges Geld zu haben (S. 16-17). So erwirbt der Kalif für sich und den Großwesir Pistolen und für die Frau des Wesirs einen Kamm. Die Attribute männlicher Macht nützen jedoch nichts, als die beiden sich nach der Verwandlung wie dem Klischee entsprechende Frauen verhalten.
Die Ironisierung der Herrscherfigur hängt mit dem Bildungsmotiv zusammen. Dass der Kalif in seiner Bibliothek gerne alte Manuskripte hatte, wenn er sie auch nicht lesen konnte (S. 17), ergänzt den Eindruck der Oberflächlichkeit. Der ungebildete Herrscher kann die „Geheimschrift“ Latein nicht entziffern und so lässt er den Gelehrten Selim kommen:
(...) guck einmal ein wenig in diese Schrift, ob du sie lesen kannst; kannst du sie lesen, so bekommst du ein neues Festkleid von mir, kannst du es nicht, so bekommst du zwölf Backenstreiche und fünfundzwanzig auf die Fußsohlen, weil man dich dann umsonst Selim, den Gelehrten, nennt (S. 17-18).
Weiterhin beobachten wir die verwandelten Störche, als sie die Konversation anderer Störche lauschen. Das Gespräch entspricht dem Niveau der beiden Lauscher: „Guten Morgen, Frau Langbein, so früh schon auf der Wiese?“ „Schönen Dank, liebe Klapperschnabel! Ich habe mir nur ein kleines Frühstück geholt. Ist Euch vielleicht ein Viertelchen Eider gefällig, oder ein Froschschenkelein?“ (S. 20).
Ihr eigener Charakter schlägt sich im Gespräch und Verhalten der Störche nieder (vgl. NEUHAUS 2002: 102-104). Der Ausflug in die Tierwelt beweist, dass sie menschenähnlich sich über Alltagsnichtigkeiten unterhalten. Die beiden Protagonisten werden zu komischen Gestalten, nochmal wenn sie kaltherzig die Vor- und Nachteile einer Heirat mit der Prinzessin berechnen und nüchtern die Ehepläne erwägen (vgl. WUERTH 1966: 202).
Die Bestrafung des Zauberersohnes Mizra ist ebenfalls ironisch. Die Strafmaßnahmen erhalten einen heiteren Akzent (vgl. BECKMANN 1976: 27):
Dem Sohn aber, welcher nichts von den Künsten des Vaters verstand, ließ der Kalif die Wahl, ob er sterben oder schnupfen wolle. Als er das letztere wählte, bot ihm der Großwesir die Dose. Eine tüchtige Prise, und das Zauberwort des Kalifen verwandelte ihn in einen Storchen. Der Kalif ließ ihn in ein eisernes Käfig sperren und in seinem Garten aufstellen (S. 27).
So wird das Märchen mit dem humorigen Blick auf seinen Helden geschlossen, zumal der Erzähler darüber berichtet, wie der Kalif die einstige Vogelgestalt des Großwezirs gelegentlich nachahmte (vgl. WUERTH 1966: 202): Er stieg dann ernsthaft, mit steifen Füßen im Zimmer auf und ab, klapperte, wedelte mit den Armen wie mit Flügeln und zeigte, wie jener sich vergeblich nach Osten geneigt und Mu – Mu – dazu gerufen habe (S. 27).
Symbolik und Motivik
Das Märchen ist voller Symbole. Wie bereits angedeutet, symbolisiert das Verhalten der Störche den Charakter des Kalifen und des Wesirs. Das verfallene Schloss, von dessen Pracht einige erhaltene Gemächer zeugen, steht für die zerstörte Autorität seiner neuen Bewohner (vgl. NEUHAUS 2002: 104). Das zentrale Verwandlungsmotiv stammt aus „1001 Nacht“2. Das Märchen wurzelt überhaupt im orientalischen Milieu (vgl. KINDLERS NEUES LITERATURLEXIKON 1996: 370). Allerdings ist das erwähnte Motiv purifiziert, die Illoyalität des Wesirs, der Freundesverrat sind getilgt (vgl. WÜHRL 1984: 193-194). Es kommt zur Verwandlung, die durch einen mächtigen Feind verursacht wird. Der Rollentausch wird rückgängig gemacht.
Auch die Mondscheinromantik kommt im Märchen zustande – die verzauberte Eule findet Mitleid nur beim Mond: die schöne Natur ist vor mir verschlossen, denn ich bin blind am Tage, und nur, wenn der Mond sein bleiches Licht über dies Gemäuer ausgießt, fällt der verhüllende Schleier von meinem Auge (S. 24) (vgl. BUCHMANN 1910: 72). Wunderbare Dinge könnten auch am Tag geschehen, das Wunder ist aber eigentlich das Kind der Nacht: Die Nacht aber umhüllt diese mit einem wohltätigen Schleier und eröffnet uns dagegen durch die Gestirne die Aussicht in die Räume der Möglichkeit; sie ist die Zeit der Träume (A.W. SCHLEGEL, zit. nach BUCHMANN 1910: 70-71). Bedeutend ist ebenfalls das Rachemotiv, zumal es von der Vergebung keine Rede ist. Auf jeden Fall muss erwähnt werden, dass die Verwandlung nicht nur ein Ergebnis der Intrige des Zauberers war. Vielmehr wollte der Kalif erfahren, was in der Luft und im Wasser, im Wald und Feld gesprochen wird (S. 18) (vgl. BECKMANN 1976: 78). Er gibt seine eigene Gestalt aus Unterhaltungsbedürfnis auf (vgl. JASCHEK 1957: 22).
Hauff bettet ins Märchen eine Absage an sämtliche revolutionären Umstürze ein. Bei aller Kritik an der gebieterischen, herrischen, befehlshaberischen Herrscherfigur zeigt er, dass der Zauberersohn, Mizra, ein noch miserablerer Herrscher ist als der Kalif. Wir haben es mit einer politischen Intrige zu tun: die beiden Protagonisten begreifen es, als sie von Bagdads Dächern den Sohn des Zauberers als Usurpator einziehen sehen (vgl. WÜHRL 1984: 193). Hauff nutzt eine fremdländische Einkleidung, um von den politischen Intentionen abzulenken. Es wird auf Fürsten, Adelige aus Hauffs Zeit und Gesellschaft angespielt (vgl. NEUHAUS 2005: 184).
Im Märchen zeigt Hauff seine Fähigkeit, mit dem Märchenhaften, mit dem Phantastischen spielerisch umzugehen. „Die Geschichte von Kalif Storch“ ist voller verrückter Einfälle. Es sollte kurzweilig, aufkratzend und anregend sein. Einer der Zuhörer der Geschichte sagt: Wahrhaftig, der Nachmittag ist uns vergangen, ohne daß wir merkten, wie! (S. 28) (vgl. POSTMA 2008: 29-30). Der Ort des Geschehens wird fixiert – die Geschichte spielt im Morgenland. Durch die Erzählung der Prinzessin Lusa ist am Rande Indien einbezogen. Unter dem Gesichtspunkt der Zeiterstreckung kann gesagt werden, dass eine Woche aus dem Leben des Kalifen geschildert wird (vgl. BECKMANN 1976: 47, 52). Das Kunstmärchen beinhaltet ein komplexes Weltbild, in dem die Figuren in einer konkreten Gesellschaft gezeigt werden. Wir beobachten charakteristische Schauplätze (ein Palast in Bagdad, ein verfallenes Schloss) und eine originelle Handlung. Unter den Figuren des Märchens bleibt nur der Zauberer eindimensional. Zu vom Volksmärchen übernommenen Motiven zählen eine animistische Weltsicht und magische Requisiten, in dem Falle der Zauberpulver (vgl. NEUHAUS 2005: 8-9). Zu Märchen gehört auch, dass der Held eine Aufgabe lösen muss. So hat der Kalif ein Rätsel zu lösen, wenn er seine Gestalt wiedererlangen will (vgl. BUCHMANN 1910: 54).
Primärliteratur:
HAUFF, Wilhelm (1825): Die Geschichte von Kalif Storch. In: Sämtliche Märchen. Hrsg. von Hans-Heino Ewers (2003). Stuttgart: Philipp Reclam jun.
Sekundärliteratur:
BECKMANN, Sabine (1976): Wilhelm Hauff. Seine Märchenalmanache als zyklische Kompositionen. Bonn: Bouvier Verlag.
BUCHMANN, Rudolf (1910): Helden und Mächte des romantischen Kunstmärchens. Beiträge zu einer Motiv- und Stilparallele. Leipzig: H. Haessel Verlag. In: Walzel, Oskar F. (Hrsg.) (1976): Untersuchungen zur neueren Sprach- und Literaturgeschichte. Hildesheim: Verlag Dr. H.A. Gerstenberg.
JASCHEK, Agnes (1957): Wilhelm Hauff. Stellung zwischen Romantik und Realismus. Inaugural-Dissertation zur Erlangung des Doktorgrades von der Philosophischen Fakultät der Johann Wolfgang Goethe-Universität Frankfurt am Main.
JENS, Walter (Hrsg.): Kindlers neues Literaturlexikon. München 1996: Kindler, 370.
NEUHAUS, Stefan (2002): Das Spiel mit dem Leser. Wilhelm Hauff: Werk und Wirkung. Göttingen: Vandenhoeck & Ruprecht.
NEUHAUS, Stefan (2005): Märchen. Tübingen / Basel: A. Francke Verlag.
POSTMA, Heiko (2008): Goldene Körner in des Lesers Phantasie. Über Leben und Werk des Schriftstellers Wilhelm Hauff (1802-1827). 1. Auflage. Hannover: jmb-Verlag.
WUERTH, Hans-Martin (1966): Die Erzählungen Wilhelm Hauffs. Eine Untersuchung der inhaltlichen und formalen Eigenarten. A thesis submitted to the graduate school of Rutgers – the state university in partial of fulfillment oft the requirements for the degree of doctor of philosophy. New Brunswick: Rutgers – The State University.
WÜHRL, Paul-Wolfgang (1984): Die Heimkehr des Romantikers ins Biedermeier: „Hauffs Märchen“. In: Das deutsche Kunstmärchen. Geschichte, Botschaft und Erzählstrukturen. Heidelberg: Quelle & Meyer, 191-200.
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