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4.3.12

Das romantische Kunstmärchen am Beispiel der Märchen von E.T.A. Hoffmann und Wilhelm Hauff

Man darf wohl feststellen, dass das romantische Kunstmärchen sich in die romantische Tradition eindrücklich eingebracht hat. In der Romantik wurde das Phantastische zum Zentrum der Poetik und die tiefe Affinität der Romantiker zum Märchen ist dieser Tendenz zu verdanken. Die Märchen gehören bis heute zum Kernbestand literarischer Sozialisation und zum Kernbestand des literarischen Kanons.

Meine Schlussfolgerungen könnten wie folgt formuliert werden. Der Ort und die Zeit der Handlung des Kunstmärchens werden fixiert, manchmal lässt sich jedoch die erzählte Welt weder räumlich noch zeitlich bestimmen. Der Modus des Erzählens zeichnet sich durch zahlreiche Leseranreden aus, die insbesondere für Hoffmann typisch sind. Die Mischung unterschiedlicher Texttypen und die Rahmenhandlung tragen zur Vielfalt der Darstellungsart.

Die romantischen Autoren machten sich einige Merkmale des Volksmärchens zu Eigen, darunter beispielsweise magische Requisiten. Schon ein flüchtiger Blick auf den Inhalt der dargestellten Märchen reicht, um festzustellen, dass das Volksmärchen die romantischen Tendenzen maßgeblich beeinflusst hatte. Das romantische Kunstmärchen öffnete sich zu Handlungsfreudigkeit, zu raschem Fortschreiten. Im Unterschied zum Volksmärchen sind jedoch Schilderungen der Umwelt oder Innerwelt der Gestalten häufig. Die Wesenszüge des europäischen Volksmärchens wie Eindimensionalität, Flächenhaftigkeit, Allverbundenheit nehmen in Kunstmärchen neue Konturen an. Hoffmann und Hauff weben unterschiedlichste Motive in den Handlungsstrang ein. Sowohl heitere, als auch düstere Elemente kommen vor. Die Diskrepanz, die Kollision zwischen Sein und Schein, die Entfremdung des Individuums zählen zu wichtigsten Motiven. Ein Konflikt bahnt sich an, wenn idealistische Vorstellung und schnöde Alltagswelt aufeinander treffen.

Der Akzent liegt auf Durchdringung von phantastischer und alltäglicher Welt, die Bilder der beiden Welten überlagern sich. Diese Duplizität von Alltäglichem und Phantastischem und unüberwindbare Differenzen zwischen ihnen sorgen dafür, dass viele Hoffmannsche Figuren auf eine Doppelexistenz angewiesen sind. Ein integraler Bestandteil der Kunstmärchen ist das Motiv der Sehnsucht, das zentrale Motiv der Romantik.

Ironische Töne mischen sich in die Texte hinein – sie schaffen eine Distanz zwischen dem Erzähler und dem Erzählten. Hoffmann spielt mit poetischen Stoffen, um sie spezifischen Intentionen seiner Werke zu unterordnen.

Um das Resümme aus oberen Ausführungen zu ziehen, kann festgestellt werden, dass sowohl E.T.A. Hoffmann, als auch Wilhelm Hauff das Bild des romantischen Kunstmärchens maßgeblich beeinflussten. Es gibt Unterschiede zwischen ihren Kunstmärchen, z.B. bei Hauff nimmt die Beschreibung der äußeren Erscheinung viel Raum ein, während es Hoffmann vor allem um das eigentliche Wesen des Menschen geht. Hoffmann gibt den persönlichen Eindruck wieder, Hauff geht es um eine objektive Beschreibung. In Hoffmanns Kunstmärchen finden sich zahlreiche Leseranreden. Bei Hauff sind sie seltener. Wenn sie schon vorkommen, dann in der Mehrzahl, was den Abstand zwischen dem Erzähler und dem Leser vergrößert. Hoffmanns Erzählhaltung ist ganz anders, sein Ziel ist es, den Leser ins Erzählte hineinzureißen, ihn seine eigene Wirklichkeit vergessen zu lassen, was Hauff nicht beabsichtigt. Der Leser wird von Hoffmann in die Welt der Dichtung mitgerissen. Es muss ebenfalls auf eine merkwürdige Tatsache bei der Art der Beschreibung hingewiesen werden: E.T.A. Hoffmann schildert das Wesen der Hauptfiguren, er möchte es den Leser miterleben lassen. Er legt nur bei Nebenfiguren auf Einzelheiten der Kleidung Wert, während Hauff ausgerechnet die Hauptpersonen dem Leser anschaulich vor Augen stellt. Die wesenlosen Nebengestalten werden von ihm objektiv geschildert, Hoffmann stellt sie hingegen als Karikatur dar. Einen weiteren Unterschied zwischen den beiden Autoren bildet das Verhältnis zur Natur – bei Hauff wird sie nur kurz erwähnt als unbedeutender, unwesentlicher Faktor.

Sowohl E.T.A. Hoffmann, als auch Wilhelm Hauff zählen zu bedeutendsten Autoren von Kunstmärchen in der deutschen Romantik. Ihre Werke erfüllen eingehend die Kriterien dieser literarischen Gattung, indem sie vom Volksmärchen schöpfen und es mit romantischen Motiven und mit romantischer Weltsicht bereichern. Eine verschlüsselte Kritik an der zeitgenössischen Realität und moralpraktische Anweisungen an den Leser ergänzen das Bild des romantischen Kunstmärchens als einer literarischen Gattung, die die traditionellen Motive mit romantischen Tendenzen und Intentionen der Autoren erfolgreich verbindet.

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