Die Interpretation des Werkes "Der Herr der Ringe" von J.R.R. Tolkien
Wenn es um die Interpretation des „Herrn der Ringe“ geht, darf man wohl feststellen, dass das religiöse Motiv deutlich auffällt. Daniel Grotta erklärt: die Mittelerde sei eine vorchristliche Welt ohne eine Erbsünde, brauche also keinen Christus-Erlöser (vgl. Grotta 1998, S. 117-118). Es gebe hier keine Götter oder Heilige, es gebe kein religiöses Ritual. Und jedoch würden sich die „guten“ Völker (Hobbits, Menschen, Zauberer, Ents, Elben, Zwerge und sogar Tom Bombadil) in ihrer Handlungsweise nach einem ethischem System richten, der in allem außer dem Namen christlich sei. D. Grotta meint, dass die Idee Tolkiens es war, eine solche Welt wiederzugeben, wie sie Gott am Anfang geschaffen hatte. Weil die Mittelerde ein Teil des göttlichen Werks ist, gilt eine natürliche Ordnung in ihr. Diese Ordnung lässt an eine christliche Ordnung denken. Jede von Gott geschaffene Welt würde auf eine natürliche Art und Weise ihren Schöpfer widerspiegeln und somit die Definition des Guten und des Bösen wäre in ihr absolut, unverändert und unverletzlich, denn der Gott ändert sich niemals. Tolkien hat eine Kosmologie geschaffen, in der die natürliche Ordnung mit der christlichen Ordnung gleichgesetzt werden kann. Er hat diese Welt mit den Wesen besiedelt, die ein universelles ethnisches System anerkennen und seine Gebote beachten.
Tolkien hat seinem Freund Przemysław Mroczkowski, ebenfalls dem Katholiken, gesagt, dass das Reisenbrot (Lembas), das die Elben den Hobbits geben, im Wesentlichen die Eucharistie ist. Mroczkowski hat im Zusammenhang damit vermutet, dass die Frau Galadriel die Jungfrau Maria vertreten muss. Tolkien wollte dies nicht bestätigen, aber zugleich hat er diese Schlussfolgerung als eine falsche nicht anerkannt. Ähnlich hat er es nicht verneint, dass manche Leser die Gestalt von Frodo als Christus interpretieren können und dass Parallelen zwischen dem Hobbit Frodo und Christus bestehen. Der Name einer Gottheit wird in dem „Herrn der Ringe“ nicht erwähnt, aber Tolkien hat einmal zu verstehen gegeben, dass der Einzige (Eru) in der Tat Gott ist und dass die Valaren den Engeln entsprechen. Was die Identität des Gandalfs anbetrifft, hat Tolkien zugegeben, dass er ein Engel ist.
Die ideale Welt wäre des Bösen beraubt, das auf eine offensichtliche Art und Weise in der Mittelerde existiert. Diese Tatsache würde mit der Notwendigkeit des Untergangs und mit dem Bedürfnis nach der Erlösung einhergehen. Kein Wesen in der Mittelerde ist als böse geschaffen worden. Einige von ihnen sind böse aus ihrer Machtgier geworden - das ist selbstverständlich eine Entsprechung der Ausschließung des Teufels aus dem Himmel. Ohne dieses Wesen, das die Gläubigen täuscht und irreführt, gibt es keine Notwendigkeit der Erlösung. Dem Archetyp des Satans kann Sauron entsprechen.
Was die Einschätzung des „Herrn der Ringe“ als eine Allegorie anbetrifft, hat Tolkien eindeutig festgestellt: „Was die tiefe Bedeutung oder 'Botschaft' des Buches angeht, so hat es nach Absicht des Autoren keine. Es ist weder allegorisch, noch hat es irgendeinen aktuellen Bezug. […] Der wirkliche Krieg hat weder in seinem Verlauf noch in seinem Ausgang eine Ähnlichkeit mit dem Krieg der Sage. Hätte er als Vorbild […] gedient, so hätte man sich des Rings sicherlich bemächtigt und ihn gegen Sauron verwendet; und Sauron wäre nicht vernichtet worden, sondern unterworfen, und Barad-dur nicht zerstört, sondern besetzt". Aus dieser Aussage ergibt sich die Tatsache, dass „Der Herr der Ringe“ keine versteckte Botschaft enthält. Viele Rezenstenten und Leser haben den Ringkrieg als eine Allegorie des Zweiten Weltkrieges interpretiert. Die Orks hat man als die Deutschen gesehen, den Sauron als Hitler, die vereinigten Völker der Mittelerde als die Alliierten. Mordor sei als eine Widerspiegelung des Deutschlands von Hitler oder des Russlands von Stalin kreiert. Tolkien hat aber die Allegorie verabscheut und diese Interpretation stark und nachhaltig verneint.
Es ist schwer einzuschätzen, wie viele Leser das Werk „Der Herr der Ringe“ gelesen haben, aber man kann es nicht bestreiten, dass es eines der populärsten Prosabücher des 20. Jahrhunderts ist. Sogar heute zieht es, dank weiterer Übersetzungen in immer neue Sprachen, viele Leser an. „Der Herr der Ringe“ hat Schöpfer der Oper, des Balletts, der Musikstücke, Literaturkritiker, Forscher der Geschichte und der Literaturgeschichte, Sprach- wissenschaftler, Schriftsteller und natürlich Regisseure inspiriert.
Quellen:
Carpenter Humphrey: “J.R.R. Tolkien. A Biography” (“J.R.R. Tolkien. Wizjoner i marzyciel”), Warschau, Verlag Alfa 1997 (Űbersetzung ins Polnische von Agnieszka Sylwanowicz)
Grotta Daniel: “The Biography of J.R.R. Tolkien: Architect of Middle Earth” (“Tolkien. Twórca Śródziemia”), Warschau, Verlag Prószyński i S-ka 1998 (Űbersetzung ins Polnische von Marcin Wawrzyńczak)
Brak komentarzy:
Prześlij komentarz