Die Handlung von "Emilia Galotti" (G.E. Lessing). Teil 1

In der Exposition lernen wir den Prinzen von Guastalla (Hettore Gonzaga) privat und dienstlich kennen. Er scheint, in Emilia Galotti verliebt zu sein. Der Konflikt mit Orsina als ehemalige Geliebte ist ein wichtiges Motiv. Der Prinz bewertet „Entliebung“ von Orsina positiv. Er hat es vor, die Prinzessin von Massa aus Staatsinteresse zu heiraten. Die Zuschauer lernen auch Marinelli kennen. Emilia, Odoardo, Orsina, der Graf Appiani werden indirekt eingeführt. In der Exposition werden erste Konfliktlinien abgezeichnet. 

Orsina ist eine eifersüchtige, ehemalige Mätresse des Prinzen. Sie ist aufgeklärt, mutig, lässt sich nicht täuschen. Sie will den Prinzen für sich zurückgewinnen. Als sie merkt, dass sie ihm lästig ist, will sie sich an ihm rächen. Sie hegt Rachegefühle, weil der Prinz nichts mehr von ihr will. Orsina ist enttäuscht, wütend. 

Der Prinz ist davon besessen, Emilia zu seiner Geliebten zu machen. Er beschließt, jeden Preis dafür zu bezahlen, um Emilia zu besitzen. Jeden Preis will er auch für das Bild von Emilia bezahlen, das vom Maler Conti gemalt wurde: „Schicken Sie, Conti, zu meinem Schatzmeister und lassen Sie auf Ihre Quittung für beide Porträte sich bezahlen – was Sie wollen“ (I, 5).  Er will Conti also nach seinen Vorstellungen bezahlen. Früher hat er Emilia im Haus des Kanzlers Grimaldi getroffen. Er ist vom Bild fasziniert und gebannt, es bestärkt ihn in seinen Gefühlen. Seine Prioritäten stehen bei Emilia. 

Odoardo erfährt von Claudia, dass der Prinz „in der letzten Vegghia, bei dem Kanzler Grimaldi“ (II, 5) mit Emilia gesprochen hat, dass er von ihr bezaubert war und sie gelobt hat. Odoardo ist wütend, weil Claudia es ihm früher nicht gesagt hat. 

Der Prinz sucht Emilia in der Kirche Allerheiligen auf, gesteht ihr seine Gefühle, flüstert ihr Liebesworte zu. Er schmeichelt sich bei ihr. Emilia hat dann Angst, sie zittert, sie ist von dem Prinzen verunsichert. Die Kirche war für sie ein religiöser Rückzugsort. 

Als Emilia nach Hause zurückkommt, spricht sie mit ihrer Mutter. Claudia weiß, dass ihre Tochter nicht gesündigt hätte, aber Emilia meint: „Aber dass fremdes Laster uns, wider unsern Willen, zu Mitschuldigen machen kann!“ (II, 6). Claudia sagt, dass Emilia dem Prinzen ihre Verachtung hätte zeigen sollen und fordert ihre Tochter dazu auf, die Begegnung zu vergessen, daran nicht mehr zu denken. Sie versucht, sie zu beruhigen. Sie bemerkt, dass es besser ist, dass Odoardo nicht da ist und nichts erfahren hat. Emilia hat es vor, Appiani über das Treffen in der Kirche zu erzählen, weil sie vor ihm nichts verbergen will, ihm nichts verschweigen will, aber Claudia überzeugt sie, dies nicht zu tun, weil Appiani es vielleicht falsch interpretieren und aggressiv reagieren würde: „Was auf den Liebhaber keinen Eindruck macht, kann ihn auf den Gemahl machen“ (II, 6). Emilia hört auf ihre Mutter, will sich ihr nicht widersetzen: „Ich habe keinen Willen gegen den Ihrigen“ (II, 6). 

Durch die Heirat mit Appiani sollte Emilia in den nächsthöheren Stand aufsteigen (man orientiert sich an dem Status des Mannes). Von Appiani verlangt man, dem Prinzen von seiner Hochzeit zu erzählen. Marinelli sagt ihm, dass der Prinz ihn nach Massa schicken will und dass er noch heute abreisen soll. So will Marinelli die Hochzeit aufschieben. Appiani will es nicht tun, weil er eben heute heiratet. Er ist wütend und fordert Marinelli zum Duell heraus. 

Marinelli, der intrigante, hinterlistige, gescheite Kammerherr, hat freie Hand, Emilias bevorstehende Hochzeit zu verhindern. Er ist gewissenlos. Der Prinz verlässt sich auf seine Ratschläge. Er will Appiani nicht umbringen, sondern die Hochzeit verhindern. Es steht nicht in seinem Interesse, den Grafen zu töten. Im Nachhinein sagt er Marinelli, dass er alles machen darf. Die Hochzeit sollte auf dem Landgut Sabionetta gefeiert werden. Das Landgut ist der Ort des Rückzugs, es befindet sich weit vom Hof. Auf dem Landgut Appianis im Piemont sollten der Graf und Emilia ihre Flitterwochen verbringen.