Relevant ist die Tatsache, dass die Liedermacher nicht passiv waren, sondern die Menschen zur Aktivität in verschiedenen Bereichen des Lebens aufgerufen haben. Ein Beispiel dafür ist Ermutigung (1965) von Wolf Biermann. Biermann wurde 1976 „wegen grober Verletzung der staatsbürgerlichen Pflichten“ aus der DDR ausgebürgert. Er wurde zu einer Konzertreise in die BRD eingeladen, wofür ihm die Behörden der DDR eine Reisegenehmigung erteilten. Nach dem Konzert in der Kölner Sporthalle am 13.11. 1976 durfte er nicht mehr in die DDR zurückkehren. Das Lied hat es mit der Entwicklung der Bürgerrechtsbewegung in der DDR zu tun.
Im Jahre 1952 verkündet Walter Ulbricht den planmäβigen Aufbau der Wirtschaft nach sowjetischem Muster. 1953, nach dem Tode Stalins, werden die Normen erhöht – die Arbeiter müssen mehr für das gleiche Geld leisten. Am 17. Juni 1953 kommt es endlich zur Welle von Streiks, Demonstrationen und Protesten. Die Arbeiter demonstrieren gegen hohe Arbeitsnormen und für Demokratie und Einheit.
Demonstranten stürmen staatliche Gebäude und Parteibüros. Am 17. Juni und an den Tagen danach wurden 34 Demonstranten und Zuschauer von Volkspolizisten und sowjetischen Soldaten erschossen oder verloren ihr Leben an den Folgen von Schussverletzungen. Nach Todesurteilen von sowjetischen und DDR-Gerichten wurden sieben Menschen hingerichtet. Bis 1961 verlassen 2,7 Mio. Menschen die DDR. In erster Linie waren es gut ausgebildete Fachkräfte. Die Entscheidung über die Schlieβung der Grenze zwischen Ost- und West-Berlin fällt im Juli 1961 in Moskau. Am 13. August 1961 beginnen bewaffnete Einheiten, die Grenze des sowjetischen Sektors abzuriegeln. Der Reiseverkehr von Ost- nach West-Berlin wird eingestellt. Bis 1989 sterben 254 Menschen bei dem Versuch, die Mauer zu überwinden.
1964 kommt es zu Protesten in religiösen Kreisen, die zur Einführung eines waffenlosen Dienstes in der NVA führen. 1968 kommt es zu Protesten in Prag. Die Menschen gehen auf die Straβen – sie wollten Sozialismus „mit menschlichem Antlitz“. In der DDR war es keine Massenbewegung.
Anfang der 80er Jahre beginnt eine richtige Friedensbewegung. Es gab verschiedene gewaltfreie Aktionen unter Losungen wie „Schwerter zu Pflugscharen“ oder „Frieden schaffen ohne Waffen“, z.B. am 14.2.1983 eine Demonstration für den Frieden mit 100 000 Teilnehmern in Dresden. Das Staatsapparat hat mit Verhaftungen, Ausweisungen und Ausbürgerungen reagiert.
1985/86 ist in kirchlichem Umfeld erste Oppositionsgruppe der DDR entstanden – Initiative für Frieden und Menschenrecht (IFM). Zur Jahreswende 1987/88 wurde sie zerschlagen.
Neues Forum (NF) war eine Bürgerrechtsorganisation der DDR – sie wurde am 9.9.1989 gegründet und hatte eine oppositionelle Haltung gegenüber der SED. Neues Forum organisierte Montagsdemonstrationen in Leipzig. Am 4.9.1989 hat die erste gröβere Demonstration mit der Forderung nach Reisefreiheit stattgefunden. Trotz Massenverhaftungen und brutaler Polizeieinsätze gab es allwöchentliche Montagsdemonstrationen. Es waren die gröβten Proteste in der DDR seit dem 17. Juni 1953: zwei Tage nach dem Jahrestag der Staatsgründung der DDR am 9.10.1989 über 70 000 Demonstranten, am 13.11.1989 über 200 000 Menschen.
Bisher, nach den niedergeschlagenen Demonstrationen vom 17. Juni 1953, konnte die Kritik an der Politik der SED nur individuell geäuβert werden.
Das Lied Ermutigung hat Biermann ein Jahr nach seinem endgültigen Auftrittsverbot geschrieben.
Es ist das bekannteste politische Widerstandslied in Deutschland. Es ruft zum Weitermachen gegen Resignation auf und hat vielen Menschen in der DDR bis 1989 geholfen, Unterdrückung und staatliche Gewalt auszuhalten und die Hoffnung auf Veränderung nicht zu begraben:
Du, laß dich nicht verhärten
in dieser harten Zeit
(…)
Du, laß dich nicht verbittern
in dieser bittren Zeit.
Die Herrschenden erzittern
- sitzt du erst hinter Gittern -
doch nicht vor deinem Leid
Du, laß dich nicht erschrecken
in dieser Schreckenszeit.
Das wolln sie doch bezwecken
Wir wolln es nicht verschweigen
in dieser Schweigezeit
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