Gustav von Aschenbach – 50 Jahre alt, Schriftsteller, Dichter, lebt in München, graue Haare, mager, mittelgroß, bartlos, brünett, trägt eine Goldbrille.
Er suchte das Freie, Luft, Bewegung, empfand Reiselust, Fluchtdrang, die Sehnsucht ins Ferne und Neue, Begierde nach Befreiung und Vergessen, Enge seines Alltags, seines Dienstes. Er hat niemals Europa verlassen. Er empfand „Künstlerfurcht, nicht fertig zu werden“.
Er hatte vor, sein Werk bis zu einem bestimmten Punkt zu fördern und sich auf dem Lande niederzulassen. Er hatte Angst vor dem Sommer auf dem Lande, allein in dem kleinen Hause mit der Magd und dem Diener.
Aschenbach ist Autor der mächtigen Prosa – Epopöe vom Leben Friedrichs von Preußen, Roman „Maja“, Erzählung „Ein Elender“, Abhandlung „Geist und Kunst“. Er ist berühmt, Teile seiner Werke sind in die Schulbücher eingegangen. Er erfreut sich großer Anerkennung und Popularität. Aschenbach ist wie ein Nationalschriftsteller, man kennt ihn in ganz Europa.
Er verkörpert preußische Tugenden: strenge Regeln, die man beachten musste, strenge Erziehung, Disziplin, Arbeit, „Zucht“ – ein wichtiges Wort – man versteckt eigene Wünsche, Triebe, sie mussten verborgen bleiben. Man erzieht einen Menschen auf eine bestimmte Art und Weise, damit er dem Dienst nachgehen kann.
Aschenbach ist zu L., einer Kreisstadt der Provinz Schlesien, als Sohn eines höheren Justizbeamten geboren. Seine Mutter war Tochter eines böhmischen Kapellmeisters.
Sein ganzes Wesen war auf Ruhm gestellt, schon als Gymnasiast besaß er einen Namen. Er hat niemals den Müßiggang oder die sorglose Fahrlässigkeit der Jugend gekannt. Er war kränklich und besuchte die Schule nicht, sondern lernte zu Hause. Schon als Kind wurden ihm hohe Anforderungen gestellt. Er hatte Pflichten, die er erfüllen musste.
Nach einigen Jahren der Versuchsaufenthalte wählte er München zum dauernden Wohnsitz und lebte dort in bürgerlichem Ehrenstande. Gustav schloss die Ehe mit einem Mädchen aus gelehrter Familie. Seine Ehefrau starb nach kurzer Zeit. Seine Tochter war verheiratet, einen Sohn hatte er nicht.
Aschenbach ist diszipliniert, arbeitsam, einsam, erreichte Ruhm und Größe, ist angesehen. Er ist stolz auf seine Leistungen. Er hat Angst vor Einsamkeit, keinen Glauben, dass man ihn lieben könnte. Er widmet sich der Arbeit, steht früh auf. Er versucht zu schreiben, hat jedoch eine Schaffenskrise. Das Schreiben macht ihm keinen Spaß. Das Kunstschaffen ist zum Dienst stilisiert – Dienst der Gemeinschaft, eine soziale und politische Aufgabe. So versteht er seine Arbeit. Mit diesem Bewusstsein steht er jeden Tag auf. Das ganze Leben lang zwingt er sich zum Schreiben.
Aschenbach ist kränklich im psychischen und körperlichen Sinne. Er ist sich dessen bewusst, dass er eine verborgene Schicht in sich hat – die Leidenschaft, die eines Tages ausbrechen muss. Er muss verdrängte Triebe unter Kontrolle haben. Er muss darauf achten, dass die Triebe nicht auf die Oberfläche kommen. Am wichtigsten sollten Dienst und Arbeit sein.
Sehr oft gebraucht Aschenbach solche Worte wie „trotzdem“, „durchhalten“, „Zucht“, „Gesellschaft“, „Gemeinschaft“. Die Gesellschaft ist etwas Künstliches, Aufgezwungenes. Die Gemeinschaft wäre dagegen etwas Organisches, Natürliches, eine Menschengruppe, die zusammenhängt und in der jedes Mitglied wie ein Körperteil ist. Die einzelnen Mitglieder haben andere Aufgaben, aber bilden zusammen eine Einheit.
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